Fliegen bei hohen Temperaturen
04.07.15 16:18 Ausbildung
Es ist heiss in Deutschland. Selbst das Schreiben dieses Blogs ist bei Temperaturen um 40 Grad Celsius quälend. Der Gedanke jetzt die Füße am Nordseestrand von Juist ins Wasser zu stecken und bei einer kühlenden Brise einfach nichts zu machen klingt wie Sirenengesang am fernen Horizont.
Wer jetzt spontan, vollgetankt und mit Passagier den kühlenden Quirl vorne anwirft und entschlossen zur Piste rollt ist sehr gut beraten kurz innezuhalten und sich Gedanken zur Dichtehöhe zu machen.
Wir versetzen uns gedanklich auf einen Flugplatz im deutschen Mittelgebirge. Ich wähle Schameder, es hätte auch Dümpel oder Breitscheid sein können aber wir kommen in unserem Gedankenspiel jetzt „von Schameder wech“ wie der gebürtige Sauerländer sagt. Woll?
Die Elevation von Schameder/ EDGQ beträgt 1.788 Fuß. Der Platz wird von höheren Bergen umgeben, die bis 2.100 Fuß reichen. Die Pistenlänge auf Gras liegt bei 750 Meter und klingt für einen UL Piloten jetzt nicht sonderlich spannend. Nach spätestens 250 Meter sind wir eh in der Luft… richtig? Leider falsch! Warum, das erklärt uns die Dichtehöhe.
Ohne allzu sehr in den theoretischen Hintergrund einzusteigen - das ist Gegenstand meiner Theoriekurse - wird die Dichtehöhe anhand folgender Formeln ermittelt:
Die restlichen Variablen sind mit den Infos aus dem aktuellen Wetter zu füllen. Hier der aktuelle METAR aus Siegerland/ EDGS:
Wind 220° 6kt, varying from 180° to 260°. Ceiling and visibility OK. Temperature 31°C, dew point 19°C. QNH 1022hPa.
Eingesetzt in die Formel erhalten wir:
Das Beispiel zeigt, wir befinden uns technisch betrachtet nicht auf 1788 Fuß sondern auf ca. 3.800 Fuß. Das ist mehr als das Doppelte und vergleichbar mit Höhen von Flugplätzen in Hochgebirgen mit all den Konsequenzen was Startstrecke und Steigleistung anbetrifft. Werfen wir einen Blick in das C42 Betriebshandbuch:
Wie leider fast alle Handbücher bei Ultraleichten Flugzeugen sind die genannten Performance Angaben für unser Beispiel wenig aussagekräftig. Hier wäre generell begrüßenswert wenn mindestens das meistverkaufte und beliebteste Schulflugzeug mit besseren Performance Sheets auftrumpfen könnte. Zum Vergleich hier das Sheet aus dem Betriebshandbuch einer Piper Pa-28, wo ein Pilot mit einem Blick seine benötigte Startstrecke entnehmen kann:
Die Startstrecke erhöht sich bei einer Pa28 somit um mehr als ein Drittel. Addiert man für unser Beispiel noch den Aufschläg für Grasbahn (+20%), und ggf. weitere Aufschläge für Steigung (+/-10% je 1 Grad Steigung/Gefälle), Bodenwellen etc. hinzu, so ergibt das in Summe fast die doppelte Startstrecke einer Pa28 wie auf Meereshöhe. Für eine 750 Meter Graspiste definitiv zu viel.
Zusammenfassung:
Bitte bedenken Sie bei den aktuellen Temperaturen Ihre tatsächliche Dichtehöhe. Sie fliegen technisch betrachtet bei sehr hohen Temperaturen quasi im Hochgebirge mit den ganzen Einschränkungen was Startstrecke, Motor- und Steigleistung anbetrifft. Brechen Sie einen Start immer rechtzeitig ab, sobald Sie merken, dass Sie nicht über genügend Geschwindigkeitsreserven oder Steigung verfügen. In unserem Beispiel hätten wir mit einer C42 auf Schameder keine Probleme aber die Bahn hätte auch nicht kürzer sein dürfen. Die Startstrecke würde vermutlich irgendwo auf 400-450 Meter ansteigen. Lassen Sie es bitte aber nicht so enden, wie in diesem Video gezeigt wird:
In diesem Sinne always happy landings!
Tomas Jakobs
Wer jetzt spontan, vollgetankt und mit Passagier den kühlenden Quirl vorne anwirft und entschlossen zur Piste rollt ist sehr gut beraten kurz innezuhalten und sich Gedanken zur Dichtehöhe zu machen.
Wir versetzen uns gedanklich auf einen Flugplatz im deutschen Mittelgebirge. Ich wähle Schameder, es hätte auch Dümpel oder Breitscheid sein können aber wir kommen in unserem Gedankenspiel jetzt „von Schameder wech“ wie der gebürtige Sauerländer sagt. Woll?
Die Elevation von Schameder/ EDGQ beträgt 1.788 Fuß. Der Platz wird von höheren Bergen umgeben, die bis 2.100 Fuß reichen. Die Pistenlänge auf Gras liegt bei 750 Meter und klingt für einen UL Piloten jetzt nicht sonderlich spannend. Nach spätestens 250 Meter sind wir eh in der Luft… richtig? Leider falsch! Warum, das erklärt uns die Dichtehöhe.
Ohne allzu sehr in den theoretischen Hintergrund einzusteigen - das ist Gegenstand meiner Theoriekurse - wird die Dichtehöhe anhand folgender Formeln ermittelt:
Druckhöhe (PA) = Platzhöhe (Elev.) - ((QNH – 1013) x 30)
ISA Temperatur (T-ISA) = 15°C – (2 x PA / 1000)
ISA Temperatur-Abweichung (Δ ISA) = OAT - T-ISA
Dichtehöhe (DA) = PA + Δ ISA x 120
Die restlichen Variablen sind mit den Infos aus dem aktuellen Wetter zu füllen. Hier der aktuelle METAR aus Siegerland/ EDGS:
Wind 220° 6kt, varying from 180° to 260°. Ceiling and visibility OK. Temperature 31°C, dew point 19°C. QNH 1022hPa.
Eingesetzt in die Formel erhalten wir:
Druckhöhe (PA) = 1.788 - ((1022 – 1013) x 30) = 1.518 ft
ISA Temperatur (T-ISA) = 15°C – (2 x 1.518 / 1000) = +12°C
ISA Temperatur-Abweichung (Δ ISA) = 31 - 12 = +19°C
Dichtehöhe (DA) = 1.518 + 19 x 120 = 3.798 ft
Das Beispiel zeigt, wir befinden uns technisch betrachtet nicht auf 1788 Fuß sondern auf ca. 3.800 Fuß. Das ist mehr als das Doppelte und vergleichbar mit Höhen von Flugplätzen in Hochgebirgen mit all den Konsequenzen was Startstrecke und Steigleistung anbetrifft. Werfen wir einen Blick in das C42 Betriebshandbuch:
Wie leider fast alle Handbücher bei Ultraleichten Flugzeugen sind die genannten Performance Angaben für unser Beispiel wenig aussagekräftig. Hier wäre generell begrüßenswert wenn mindestens das meistverkaufte und beliebteste Schulflugzeug mit besseren Performance Sheets auftrumpfen könnte. Zum Vergleich hier das Sheet aus dem Betriebshandbuch einer Piper Pa-28, wo ein Pilot mit einem Blick seine benötigte Startstrecke entnehmen kann:
Die Startstrecke erhöht sich bei einer Pa28 somit um mehr als ein Drittel. Addiert man für unser Beispiel noch den Aufschläg für Grasbahn (+20%), und ggf. weitere Aufschläge für Steigung (+/-10% je 1 Grad Steigung/Gefälle), Bodenwellen etc. hinzu, so ergibt das in Summe fast die doppelte Startstrecke einer Pa28 wie auf Meereshöhe. Für eine 750 Meter Graspiste definitiv zu viel.
Zusammenfassung:
Bitte bedenken Sie bei den aktuellen Temperaturen Ihre tatsächliche Dichtehöhe. Sie fliegen technisch betrachtet bei sehr hohen Temperaturen quasi im Hochgebirge mit den ganzen Einschränkungen was Startstrecke, Motor- und Steigleistung anbetrifft. Brechen Sie einen Start immer rechtzeitig ab, sobald Sie merken, dass Sie nicht über genügend Geschwindigkeitsreserven oder Steigung verfügen. In unserem Beispiel hätten wir mit einer C42 auf Schameder keine Probleme aber die Bahn hätte auch nicht kürzer sein dürfen. Die Startstrecke würde vermutlich irgendwo auf 400-450 Meter ansteigen. Lassen Sie es bitte aber nicht so enden, wie in diesem Video gezeigt wird:
In diesem Sinne always happy landings!
Tomas Jakobs