Learn To Fly Here!UL-Fluglehrer

Fliegen im Luftraum Charlie mit UL?

In der SPL Ausbildung wird meist ein großer Bogen um den Luftraum Charlie gemacht. Inhaltlich wie wortwörtlich. Denn fragt man andere Piloten oder Fluglehrer wie es mit einem Einflug aussieht, so erhält man meist nur ausweichende Antworten wie „da fliegen nur die Großen“ oder „dort hat ein UL nichts zu suchen“. Solche Aussagen sind unbefriedigend und zwingen zur eigenen Recherche.

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Ich habe natürlich zuerst befreundete Fliegerkollegen gefragt und diverse Internetforen durchsucht. Mit der Zeit kamen Recherchen in NfLs, Gesetzestexten und Fachliteratur sowie zuletzt Gespräche und Mailwechel mit den beiden Verbänden DULV und DAeC. Mit dem heutigen Blogbeitrag möchte ich ein wenig Licht in den Nebel bringen und beginne mit der rechtlichen Einordnung, um dann im 2. Teil praktisch zu werden damit diese Arten von schweren Störungen nicht passieren.


Teil 1: Rechtliche Einordnung


Geltungsbereich


In der Welt der Fliegerei gibt die ICAO Ihren Mitgliedstaaten Regelungen und Prozeduren vor. Die Einhaltung ist jedoch nicht verpflichtend, sieht durchaus Ausnahmen vor und beruht im Wesentlichen auf Kooperation. Zusätzlich haben wir in der EU mit der in Köln sitzenden European Aviation Safety Agency (EASA) eine Luftfahrtorganisation, welche einheitliche Standards auf europäischer Ebene erstellt und überwacht. Grundsätzlich gilt: Europäisches Recht steht über deutschem Recht auch wenn wir Ultraleichten mit (EU) 216/2008 Artikel 4, Absatz 4 in Verbindung mit Annex II in die Verantwortung und Hände der einzelnen Mitgliedstaaten gelegt werden. Wie jeder jedoch seit spätestens Dezember 2014 weiß, gilt verbindlich für Deutschland die Norm (EU) 923/2012 SERA (Standardised European Rules of the Air). Für eine Kurzinfo empfehle ich meine im Internet vor einigen Monaten veröffentlichten Unterrichtsfolien als selbstablaufendes Video.

Anlaufstelle für Flüge nach Sichtflugbedingungen (VFR) ist zunächst SERA.5005 mit den bekannten Minima-Sichtwerten für die verschiedenen Lufträume. Einschränkungen auf bestimmte Flugzeugtypen oder Lizenzarten sind hier nicht zu finden. Hinsichtlich der Ausrüstungsvorgaben für einen Einflug in kontrollierte Lufträume äußert sich SERA.6001c so klar wie eindeutig:

"Class C. IFR and VFR flights are permitted. All flights are provided with air traffic control service and IFR flights are separated from other IFR flights and from VFR flights. VFR flights are separated from IFR flights and receive traffic information in respect of other VFR flights and traffic avoidance advice on request. Continuous air-ground voice communications are required for all flights. For VFR flights a speed limitation of 250 kts indicated airspeed (IAS) applies below 3 050 m (10 000 ft) AMSL, except where approved by the competent authority for aircraft types, which for technical or safety reasons, cannot maintain this speed. All flights shall be subject to ATC clearance."


Lediglich ein Funkgerät zur dauerhaft hergestellten Luft-Boden Kommunikation soll laut SERA für einen Einflug in Luftraum Charlie ausreichend sein? Das erstaunt, kennt man doch vom deutschen Gesetzgeber zahlreiche Gesetze und Verordnungen, welche alles und vieles bis hinunter zur Uhr mit Sekundenanzeige im Cockpit regeln wollen. Eine telefonische Rücksprache mit Günter Bertram, Referent und Luftraum-Experte im DAeC bestätigt diesen offenen Widerspruch zwischen höheren europäischen und dem deutschen Recht. Eindeutige Rechtsauffassung des DAeC: Es gilt die europäische Norm. Dieses wird von der DFS mit der AIC-IFR 09 in Absätzen 1 und 2 bestätigt. Ein Einflug ist demnach mit UL erlaubt. Erstaunlich dabei ist, daß im DULV eine gänzlich andere Rechtsauffassung besteht und hier von Mike Kasten mir schriftlich per Mail noch mit CVFR und LuftVO argumentiert und ein Einflug verneint wird.

Wenn schon die beiden für die UL-Fliegerei zuständigen Verbände unterschiedliche Auffassungen haben, wie soll sich da noch ein Pilot zurechtfinden können? Das bringt uns dazu im Detail sich doch mit den deutschen Gesetzen und Verordnungen zu beschäftigen. Der für uns relevante Geltungsbereich im deutschen Recht beginnt mit §1 LuftVG, Absatz 1:

"Die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge ist frei, soweit sie nicht durch dieses Gesetz, durch die zu seiner Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften, durch im Inland anwendbares internationales Recht, durch Rechtsakte der Europäischen Union und die zu deren Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften beschränkt wird."



Das ist wichtig zu wissen. da in der späteren Betrachtung dieser erste Satz noch von besonderem Interesse werden wird. Ein wenig amüsant klingt die Formulierung und unterschwellig durchklingende Aussage "soweit (…) nicht durch Rechtsakte der Europäischen Union (…) beschränkt wird". Zumindest im Luftrecht ist es bisher immer der deutsche Gesetzgeber, der mit seinen Normen übergeordnete und locker gefasste EU Normen beschränkt und Entwicklungen ignoriert. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf zwei sehr gut geschriebene Artikel der "Pilot & Flugzeug" zu SERA sowie zur EASA Konferenz in Rom.


Regelungen Luftraum Charlie


Im deutschen Recht werden Lufträume in §10 LuftVO, §28 LuftVO sowie der zugehörigen Anlage 4 und Anlage 5 mit Ihren Besonderheiten und den meteorologischen Minima-Werten definiert. Es werden keine Einschränkungen von Ultraleichten genannt oder ausgesprochen sondern lediglich zwischen den Betriebsarten Instrumentenflug (IFR) und Sichtflug (VFR) unterschieden. Selbstverständlich setzt ein Einflug in Luftraum Charlie immer eine Flugverkehrskontrollfreigabe nach §26 LuftVO durch einen Fluglotsen voraus und erfordert vom Piloten eine dauerhafte Rufbereitschaft und Befolgen der vorgegebenen Flughöhe gemäß §31 LuftVO, Absatz 4 sowie einiger weiterer für unsere Fragestellung jetzt weniger wichtige Dinge.

Zusammengefasst lauten die Sichtflugbedingungen des Luftraumes Charlie in der aktuellen LuftVO, ergänzt durch die NfL 1-244-14 wie folgt:

  • Oberhalb FL100: Flugsicht 8 km
  • Unterhalb FL100: Flugsicht 5 km
  • Abstand von Wolken jeweils 1,5 km horizontal und 1.000 Fuß vertikal


Technische Ausstattung


Welche besonderen technischen Ausrüstungsvorschriften müssen für einen Einflug in den kontrollierten Luftraum Charlie nach VFR Sichtflugregeln erfüllt werden? Beginnen möchte ich mit §20 LuftBO:

„Für Flüge nach Instrumentenflugregeln, für kontrollierte Flüge nach Sichtflugregeln und für Flüge nach Sichtflugregeln über geschlossenen Wolkendecken müssen die Luftfahrzeuge mit den für eine sichere Durchführung der Flüge unter den zu erwartenden Betriebsbedingungen und vorgeschriebenen Landeverfahren erforderlichen Flugüberwachungs- und Navigationsgeräten und Flugregelsystemen ausgerüstet sein.“



Soweit klar. Etwas konkreter wird die Dritte Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät - kurz 3. DV LuftBO §5, Absatz 1:

Für Flüge nach Sichtflugregeln am Tage sind motorgetriebene Luftfahrzeuge wie folgt auszurüsten: 1. einem Magnetkompass, 2. einem barometrischen Feinhöhenmesser, 3. einer Fahrtmesseranlage und 4. einer Uhr mit Sekundenanzeige.



Hier beginnt das deutsche Gesetzt befremdlich zu werden. In der SPL Ausbildung wird einem zwar gelehrt eine Armbanduhr dabei zu haben, dass diese aber im Luftfahrzeug als Ausrüstungsgegenstand eingebaut sein muss dürfte den meisten neu sein. Da in vielen Navigationsgeräten jedoch auch eine Uhr mitläuft, soll uns dieser Punkt nicht weiter beunruhigen. Eine gänzlich andere Absurdität der LuftVO Gesetzgebung: Wie viele Schulungsmaschinen mit bewusst fehlenden GPS Geräten zur Navigation und auch ohne fest verbauten (und in der Ausstattungsliste aufgeführten) Uhren wären der Verordnung nach gar nicht für VFR Flüge zulässig? Die Norm SERA.3401 ist in diesem Punkt übrigens weniger beschränkend und gibt Sekunden nur für die Übertragung von Daten vor, schreibt aber einen "time check shall be obtained prior to operating a controlled flight" vor, der wiederum in der deutschen Gesetzgebung fehlt und auch mit der NfL I-247-14 den eigentlichen Sinn und Inhalt dieser Vorschrift nicht wirklich deckungsgleich wiedergibt. Meiner Meinung nach eher ein schwerwiegender "Sinn nicht verstanden" als ein lapidarer Übersetzungsfehler.

Weiter wird mit §6 3.DV LuftBO für den kontrollierten Luftraum ausgeführt:

Für kontrollierte Flüge nach Sichtflugregeln in dafür von der zuständigen Flugsicherungsorganisation festgelegten Lufträumen sind motorgetriebene Luftfahrzeuge zusätzlich zu der Ausrüstung nach § 5 Absatz 1 wie folgt auszurüsten: 1. einem Kurskreisel, 2. einem Variometer, 3. einem Wendezeiger oder einem Kreiselhorizont und 4. einer Scheinlotanzeige.



Variometer und Libelle (Scheinlotanzeige) dürften mit großer Wahrscheinlichkeit in fast jedem aerodynamisch gesteuerten UL verbaut sein. Bei Wendeanzeige und Kurskreisel dürfte es jetzt in der Tat beginnen schwierig zu werden. Da eine weitere Spezifizierung oder Einschränkung der Instrumente nicht mehr vorgenommen wird kann davon ausgegangen werden, dass die in modernen EFIS Glascockpits angezeigten Kurs- und Wendeanzeigen ausreichend sein dürften. Ich komme auf diesen Punkt im Abschnitt "Zertifiziert oder nicht zertifiziert" weiter unten noch zurück.

Etwas konkreter wird es in §4 Absatz 1 der Verordnung über die Flugsicherungsausrüstung von Luftfahrzeugen (FSAV):

„Für Flüge nach Sichtflugregeln müssen Flugzeuge, Drehflügler, Motorsegler, Segelflugzeuge, aerodynamisch gesteuerte Ultraleichtflugzeuge und Tragschrauber, Luftschiffe und Freiballone ausgerüstet sein mit einem UKW-Sende-/Empfangsgerät, das mindestens die für den vorgesehenen Flug erforderlichen Frequenzen aus dem Bereich von 118,000 bis 136,975 MHz umfasst; die Sendeleistung und die Empfängerempfindlichkeit müssen mindestens so groß sein, dass unter Berücksichtigung der flugbetrieblichen Eigenschaften des Luftfahrzeugs und der beflogenen Strecke ein einwandfreier Sprechfunkverkehr mit den Flugverkehrskontroll- oder Informationsstellen durchgeführt werden kann.“



In den Absätzen 2 und 3 folgen Ausnahmen für ultraleichte Trikes oder motorisierte Gleitschirme, welche bauartbedingt kein Funkgerät fest eingebaut haben und daher auf Geräte mit geringerer Leistung (meistens Handfunkgeräte mit Kopfhörerausgang) ausweichen müssen.

Somit ist die Frage für diese Fraktion der Luftsportgeräte fast beantwortet, denn der Einflug in Lufträume mit ständiger Rufbereitschaft ist diesen bis auf die gleichzeitig genannten Ausnahmen verwehrt: Anflug von Plätzen in Kontrollzonen sowie Durchführung von Kunstflugdisplays (eher Vorführungen bei Flugtagen als wirkliche Kunstflug-Figuren). Nur in diesen beiden Fällen dürfen Fluglotsen Einzelfreigaben erteilen, wenn die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere die Sicherheit des Luftverkehrs, nicht beeinträchtigt wird.

Die anderen mit fest verbauten Geräten und Antennen sind also funktechnisch vom kontrollierten Luftraum nicht ausgeschlossen. Dennoch sei an dieser Stelle angemerkt, dass für den Einflug in Charlie mindestens ein beschränkt gültiges Sprechfunkzeugnis BZF II erforderlich ist. Die im Rahmen der UL Lizenz gewährte Berechtigung am Flugfunkverkehr teilzunehmen reicht nicht aus. Ein Blick in §1 FlugfunkV und §2 FlugfunkV in Kombination mit §26a LuftVO verschafft Klarheit:

„Zur Ausübung des Flugfunk- und Flugnavigationsfunkdienstes (Flugfunkdienst) bei Boden- und Luftfunkstellen in der Bundesrepublik Deutschland bedarf es eines gültigen Flugfunkzeugnisses oder einer gleichwertigen Bescheinigung. Ausgenommen hiervon ist die Ausübung des Flugfunkdienstes bei Luftfunkstellen an Bord von Freiballonen, Luftsportgeräten und Segelflugzeugen, soweit sie nicht in Lufträumen der Klassen B, C und D betrieben werden.“



Neben dem Funkgerät ist der Transponder die nächste Position in der benötigten Ausstattungsliste. In §4 FSAV, Absatz 5 wird weiter ausgeführt:

„Für folgende Flüge nach Sichtflugregeln müssen Luftfahrzeuge mit einem Sekundärradar-Antwortgerät (Transponder) ausgerüstet sein.“



In der Auflistung sind neben den für uns selbstverständlichen Luftraum Echo oberhalb 5000 Fuß MSL bzw. 3500 Fuß AGL und den TMZ Gebieten explizit auch die Lufträume Charlie und Delta (nicht Kontrollzone) genannt. Das Gegenstück dazu ist in SERA.6005 zu finden, wo auf eine Transponderpflicht nur in TMZ Gebieten eingegangen wird. Transponderpflicht im Luftraum Charlie ist SERA unbekannt genauso wie die in SERA.8005 und SERA.8015 beschriebene Verfahren in der Kommunikation zwischen Piloten und Fluglotsen. Es gibt aber sehr wohl die Norm EU 1207/2011 für das europäische EATMN (European Air Traffic Management Network) aus welcher hervorgeht, dass:

Operators shall ensure that aircraft operating flights (…) with an individual certificate of airworthiness first issued on or after 8 January 2015 are equipped with secondary surveillance radar transponders having the capabilities set out in Part A of Annex II;



Inwieweit das auch uns Ultraleichte betrifft, kann ich an dieser Stelle jedoch nicht sagen. In der Praxis funktioniert ein Einflug in kontrollierten Luftraum nach vorheriger Rücksprache mit dem Lotsen auch ohne Transponder, dürfte aber eine Ausnahme darstellen. Die Nutzung eines Transporters erleichtert die Arbeit von Lotsen und Piloten ungemein und bietet ein zusätzliches Sicherheitsmerkmal. Das ist unbestritten!

Wer beim Lesen des deutschen original Gesetzestextes jetzt bei dem Punkt VFR Nachtflug den kurzen Gedankenblitz haben sollte, ob ein UL wohl auch Nachts fliegen darf, dem muss ich leider §33 LuftVO, Satz 2 entgegenhalten, wo steht: "Flüge nach Sichtflugregeln bei Nacht mit Luftsportgeräten (…) sind nicht erlaubt."

Der nun folgende §4 FSAV, Absatz 6 ist zur Beantwortung des rechtlichen Status besonders wichtig, da wir ULs zusammen mit den Tragschraubern hier explizit für Flüge in Luftraum Charlie genannt werden:

„Flugzeuge, Drehflügler, Motorsegler und motorgetriebene aerodynamisch gesteuerte Ultraleichtflugzeuge und Tragschrauber müssen außerdem ausgerüstet sein mit einem VOR-Navigationsempfänger, der die nach gültigem internationalen Standard geforderte Störfestigkeit gegenüber UKW-Rundfunksendern (FM-Immunity) aufweist, oder einem Flächennavigationsgerät für (…) Flüge in Lufträumen der Klasse C (…).“



Ein Einflug wird Ultraleichtflugzeugen somit nicht pauschal verweigert sondern von Ausstattung und Flugart abhängig gemacht.

Gefordert sind ein VOR Radionavigationsgerät oder ein Flächennavigationsgerät. Erstgenannte Gerätschaften sind in ULs in unseren Breiten eher selten anzutreffen. Letztgenannte hingegen sind in den heutigen, modernen EFIS Glascockpits kaum noch wegzudenken. Doch die Tücke steckt im Detail: Es heisst wortwörtlich „müssen ausgerüstet sein“. Mobile Geräte wie iPads oder iPhones im Kniebrett oder mit Saugnapf am Panel befestigt fallen hier aus dem Raster. Diese stehen in der Regel auch nicht im Ausrüstungsverzeichnis unter dem Absatz Navigationsinstrumente, Unterpunkt GPS aufgeführte Geräte.

Gemäß NfL 1-251-14 haben sich Luftfahrzeuge ohne Radio- oder Flächennavigationsgeräte mit der Sprechgruppe „NON RNAV“ nach Ihrem Rufzeichen anzumelden.


Ausrüstungsverzeichnis

Zusätzlich ist zu beachten, dass ein Ausflug oberhalb FL100 faktisch nur in den Sommermonaten möglich ist, wenn die Vereisungsgrenze deutlich höher als unsere beabsichtige Flughöhe liegt. Denn auch wenn wir mit einem UL ganz bestimmt frei von Wolken bleiben, so ist mit einer Vereisung zu rechnen und es gilt demnach §21 LuftBO Absatz 3:

„Für Flüge unter Wetterbedingungen, bei denen Vereisung zu erwarten ist, müssen alle Luftfahrzeuge mit Einrichtungen zur Verhütung oder zur Beobachtung und Beseitigung von Eisansatz ausgerüstet sein.“



Zusammenfassend hier die Liste der gesetzlich für den Einflug in Luftraum Charlie vorgeschriebenen Geräte und gemäß AIC-IFR 09 Absatz 1 und 2 nicht mehr gültigen deutschen Normen:

  • Sprechfunkgerät (mit mindestens BZF II)
  • Magnetkompass
  • barometrischen Feinhöhenmesser
  • Fahrtmesseranlage
  • Uhr mit Sekundenanzeige
  • Transponder Mode-S
  • GPS oder ein zertifiziertes VOR
  • Kurskreisel
  • Variometer
  • Wendezeiger oder einem Kreiselhorizont
  • Scheinlotanzeige (Libelle)

gemäß SERA:

  • Funkgerät "Continuous air-ground voice communications"


Zertifiziert oder nicht zertifiziert?


Nun werden einige einwenden, der Punkt mit Flächennavigationsgeräten oder den im Navi angezeigten Kurs- und Wendeanzeigen ist nicht zutreffend, da es sich nicht um für die Luftfahrt zertifizierten Geräte handelt. Der Unterschied würde sich beispielsweise sofort im Preis bemerkbar machen, wo allein schon eine TSO zertifizierte GPS Maus von Garmin mit Ihren 500 EUR gleich das Zehnfache gegenüber dem nicht zertifizierten Pendant veranschlagt.

Das Problem dieser Rechtsauffassung ist jedoch, dass dieses zwar für die in der Verordnung über die Flugsicherungsausrüstung genannten VOR Geräten zutreffend sein mag wo „nach gültigem internationalen Standard“ auf die Regelungen der EASA oder ICAO zurückgegriffen wird. Bei den in der gleichen Norm alternativ genannten Flächennavigationsgeräten fehlt diese Einschränkung jedoch und es wird auch im Kontext keine Notwendigkeit für eine derartige Einschränkung erkennbar wenn im gleichen Satz eingangs von nicht zertifizierten "aerodynamisch gesteuerten Ultraleichtflugzeugen" die Rede ist. Hier wird deutlich, dass der Gesetzgeber die ohnehin von den meisten Regelungen ausgeschlossenen Luftsportgeräten einen Einflug nicht pauschal verbieten möchte und offensichtlich bewusst auf eine Spezifizierung von Flächennavigationsgeräten verzichtet. Gleiches gilt für die zitierte Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät oder wird bei der Nennung einer "Uhr mit Sekundenanzeige" auch nach einer TSO-Zertifizierung gerufen? Oder nach einer ETSO? Oder dem TÜV? Was darf es denn genau sein?

Gemäß SERA Intention und Präambel, wo eben genau keine nationalen Sonderregelungen in Lufträumen, Sprechgruppen oder Ausrüstungsvorgaben vorgesehen sind stellen sich diese Fragen nicht. Ich möchte aber nicht verschweigen, dass es überhaupt keine Vorgaben in der EU gibt. Hier sei nur die Norm EU 748/2012 erwähnt. Wir Ultraleichte fallend nur leider überall aus dem Rahmen. Das ist auch der EASA bekannt und in der Studie Regulatory Options for the European Light Aircraft (ELA1) (EASA.2009.C53) nachzulesen aus welcher ich diesen Satz zitieren möchte:

"The overwhelming indicated causes of accidents in microlighting are due to pilot error, lack of planning, pilot decision-making and similar factors unrelated to the aircraft itself."




Zusammenfassung


Hier möchte ich den eingangs erwähnten §1 LuftVG Absatz 1 in Erinnerung rufen:

"Die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge ist frei soweit sie nicht durch dieses Gesetz, durch die zu seiner Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften, durch im Inland anwendbares internationales Recht, durch Rechtsakte der Europäischen Union und die zu deren Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften beschränkt wird."


sowie AIC-IFR 09 Absatz 2:

"Unabhängig von dem Inkrafttreten der Neufassung der LuftVO ist die SERA-Verordnung ab dem 05 DEC 2014 in der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar anwendbar. Die SERA-Verordnung verdrängt aufgrund des Anwendungsvorrangs des Europäischen Rechts ab dem 05 DEC 2014 diejenigen Regelungen der geltenden LuftVO, die den gleichen Regelungsinhalt wie die SERA-Verordnung haben."



Oder für Nichtjuristen: Was nicht als verboten definiert oder eingeschränkt wird, ist erlaubt. Wo es keine Kläger gibt, da gibt es kein Urteil.



Teil 2: Praktische Handhabung


Wie sieht es nun mit der praktischen Handhabung aus. Wer entscheidet in Deutschland über Einflüge und über Luftraumverletzungen? Nun hier wären zuerst die DFS und deren Aufsichtsbehörde das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) zu nennen. Fliegt ein Teilnehmer ohne Freigabe nach §26 LuftVO in einen freigabepflichtigen Luftraum, so folgt ohne Ermessensspielraum eine sofortige Meldung, Anzeige und Ahndung mit Bußgeldern im drei- bis vierstelligen Bereich. Die DFS warnt in regelmäßigen Abständen davor, da es jährlich zu zahlreichen Luftraumverletzungen kommt.

Im Luftraum Delta über Frankreich

Soweit sollte man es aber nicht kommen lassen. Aus persönlicher Erfahrung wird eine frühzeitig gestellte Anfrage in der Regel mit einer positiven Flugverkehrskontrollfreigabe und einem Frequenzwechsel beantwortet. Frühzeitig bedeutet mit Flugplan gem. NfL I-252-14 oder AFIL direkt nach Start sobald erstmalig Kontakt mit der FIS hergestellt ist. Die Entscheidung obliegt allein beim Fluglotsen, der eine Einzelfreigabe gewähren kann, jedoch es nicht zwangsläufig muß. Vor allem in den Ein- und Abflugsektoren der Airliner macht eine zusätzliche Staffelung von VFR Durchflügen keinen Sinn. Auf längeren Streckenflügen sollte man diesem Umstand immer Rechnung tragen und ggf. eine alternative Route um einen Charlie-Luftraum herum berücksichtigt haben. Ist man mit Freigabe im Luftraum Charlie, so ist den Anweisungen des Lotsen ohne Diskussion und vor allem zügig zu folgen. Denn dieser sagt einem nie ohne Grund Kurs- oder Höhenkorrekturen an. Wer diesen nicht folgen kann, hat ein Problem. Daher möchte ich betonen, dass ich keinen Einflug mit einer Standard Schulungsmaschine nahe legen möchte. Wenn, dann nach Möglichkeit ein modernes High-Performance UL mit genauer auf Mensch und Maschine abgestimmter Instrumentierung und Wartung.

Eine Info an jene, die sich zwar in der Nähe des Luftraums Charlie bewegen ohne jedoch in diesen einfliegen möchten. Häufig erfolgt bei falsch eingestellten Höhenmessern, unerwarteten Wind- und Thermikverhältnissen oder aufgrund einer Ablenkung durch Fluggast oder Sehenswürdigkeit am Ende doch ein nicht genehmigter Einflug. In solchen Fällen ist es hilfreich, auf FIS Frequenz zu fliegen und den Lotsen vorab von seinen Absichten zu informieren. In der Regel warnt dieser dann auch, wenn beispielsweise aus einem Rundflug um den großen Feldberg im Taunus eine Luftraumverletzung zum angrenzenden Frankfurter Luftraum Charlie droht.

Der Feldberg im Taunus mit Aufbauten 3245 Fuß hoch, dahinter beginnt der Luftraum Charlie bei 3500 Fuß

Bei Ausflügen in große Höhe sollte man die Motorleistung, Fluggeschwindigkeit und die Grenzen seines Gerätes beachten. Die Kenntnis von Temperatur, Dichtehöhe sowie der tatsächlichen Fluggeschwindigkeit sind obligatorisch. Denn gerade bei moderne ULs mit einem großen Geschwindigkeitsbereich bis weit über 240 km/h und einen dazu im Vergleich geringen gelben Bereich, kann die Differenz zwischen angezeigter Geschwindigkeit (IAS) zu tatsächlicher Geschwindigkeit (TAS) schnell zur Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit VNE kommen. Flattern oder Strukturversagen sind die Folgen. Als Faustregel gilt: Pro 1000 Fuß sind 2% Differenz auf die IAS aufzuschlagen. Bei FL125 wären das demnach 23% die aus 190 km/h IAS schnell 235 km/h TAS werden lassen.

Eine andere Gefahr geht von Wirbelschleppen größerer Maschinen aus, welche die Luft derart stark verwirbeln können, dass selbst volle Ruderausschläge von kleineren Maschinen nicht mehr entgegenwirken können. Tückisch dabei ist, dass die Wirbelschleppen unsichtbar sind und sich im Laufe Ihrer Lebensdauer von bis zu 10 Minuten absenken können. Ich verweise bei Wirbelschleppen immer auf den sehr detaillierten BFU Unfallbericht 3X134-12 oder auf die von der DFS veröffentlichten Warnungen.

Auch der Abstieg sollte bedacht sein, rechtzeitig beginnen und vor allem gleichmäßig erfolgen. Kurvenradien werden aufgrund der geringen Luftdichte und Motorleistung größer. Volle Ruderausschläge sind in Hinblick auf die Geschwindigkeitsdifferenz zu vermeiden. Die Temperaturanzeige von Rotaxmotoren ist im Blick zu behalten, damit diese im Sinkflug und geringer Leistungseinstellung nicht auskühlen. Das Gas sollte daher nie komplett herausgenommen werden, sondern der Abstieg frühzeitig und nach Möglichkeit flach eingeteilt werden. Wer eine Cowl-Flap, Thermostat oder Verstellpropeller in seinem UL verbaut hat und diese anzuwenden weiß, ist hier auf der sicheren Seite.

Stadt Koblenz

Zuletzt stellt sich bei Höhenflügen die Frage nach dem Sauerstoff. Ohne Sauerstoff ist ein Ausflug jenseits FL125 nicht mehr vertretbar. Die Gefahr einer Hypoxie ist zu groß. Wer sein körperliches Leistungsvermögen nicht kennt oder selten in diesen Höhen unterwegs ist, sollte ein tragbares Sauerstoffgerät dabei haben. Die Frage ob es eine richtige Sauerstoffmaske sein muss oder dünne Nasenkanülen bereits ausreichen liegt im Ermessensspielraum des Piloten. Beide können in Apotheken bzw. bei Medizintechnik-Häusern käuflich erworben werden und im UL mitgenommen werden. Der Gesetzgeber gibt in §21 LuftBO Absatz 2 lediglich vor, dass Luftfahrzeuge ohne Druckkabine bei Flügen ab 12.000 Fuß und einer Flugdauer von mehr als 30 Minuten ein Sauerstoffgerät benötigen. In Höhen ab 13.000 Fuß geht ohne Sauerstoffversorgung nichts mehr.

Wer alle diese Punkte berücksichtigt, seinen Flug gründlich plant, am Funk souverän mit Fluglotsen kommuniziert, alle benötigten Freigaben frühzeitig einholen und sauber abfliegen kann, dem steht ein Einflug im Luftraum Charlie nichts im Wege. Fliegen hat viel mit Respekt zu tun. Respekt für die Grenzen des Flugzeugs und für die Grenzen des Piloten. Egal ob Sightseeing-Fotoflug vor der Skyline Frankfurts oder der kurze Ausflug oberhalb FL100 auf Augenhöhe mit großen Airlinern und einem beeindruckenden Fernblick.

Auf Augenhöhe mit den Grossen