Germanwings Untersuchungsbericht
Das LBA nimmt an der Ausarbeitung von Regelwerken teil, die dann vom BMVI in Kraft gesetzt werden.
Das LBA gibt Durchführungsverordnungen für Regelwerke heraus. Die EASA hat im Juli 2014 das LBA in den Bereichen Lizenzierung von Flugbesatzungen und Tauglichkeitszeugnissen auditiert. Diese Überprüfung hat ergeben, dass dem LBA das Personal fehlte, um der Verantwortung im medizinischen Bereich nachzukommen und dass das LBA keine internen Audits und kein Sicherheitsrisikomanagement vorgesehen hatte.
Die Überprüfung hat auch ergeben, dass das LBA häufig Rücksprache mit dem BMVI nehmen musste und auch deren Anweisungen Folge leisten musste.
Kein Personal, kein internes Audit, kein Sicherheitsriskomanagement. Und die Implikationen des letzten Satzes wagt man kaum weiter zu denken. Vor diesem Hintergrund wird die massive Einstellungskampagne des LBAs aus dem letzten Jahr verständlich. In Anbetracht dieser schallende Ohrfeige - und es ist anzunehmen, daß das LBA in Kenntnis der Untersuchungsergebnisse war - kann dieses heute als Panik-Reaktion interpretiert werden. Wollte man bei Vorlage des Abschlussberichtes mit weißer Weste dastehen? Dem Fußnotentext zufolge auf der gleichen Seite ist dieses nicht gelungen:
Die EASA hat im Februar 2016 angedeutet, dass die Befunde des Audits noch immer offen sind.
Kann es noch schlimmer kommen? Leider ja! Jedes Jahr werden tausende von Piloten - Berufs-, Privat- wie auch Sportpiloten - mit regelmäßigen und kostenpflichtigen Medical-Besuchen konfrontiert. Ziel eines Medicals ist es zu verhindern, daß flugunfähige Piloten im Cockpit landen. Ich persönlich finde dieses als Sicherheitsinstrument wichtig und habe dieses bisher in Diskussionen auch verteidigt. Doch wie kann ein Instrument sinnvoll eingesetzt werden, wenn es am Ende gar nicht ausgewertet wird?
Heute steht fest, die Medicalvergabe in Deutschland geschieht ohne Monitoring. Man könnte auch "willkürlich" oder "vom Zufall gesteuert" schreiben. Und wir sind noch weit davon entfernt von Datenschutz und ärztlicher Schweigepflicht zu sprechen. Es geht nur um die reinen Kennzahlen:
Das LBA konnte keine Angaben machen, wie viele medizinische Flugtauglichkeitszeugnisse der Klasse 1 pro Jahr ausgestellt, verlängert oder entzogen werden. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung diese Berichtes (März 2016), hatte das LBA noch kein IT-System, mit dem diese Aussagen möglich wären.
Als Softwareentwickler bin ich ja geneigt dem "armen" LBA ein Angebot zur Programmierung eines solchen IT Systems zu unterbreiten. Als Pilot bin ich einfach nur wütend! Man muß dazu kein Leser der (zurecht!) kritischen Zeitschrift "Pilot & Flugzeug" sein und solche Artikel wie diesen hier kennen. Die geballte Inkompetenz des LBA ist nun amtlich durch die französische Unfalluntersuchung bestätigt. Ich habe noch den Aufschrei in Erinnerung, als es um die Medicalbefreiung in der UL Fliegerei ging. Übrigens - traurige Ironie bei der ganzen Sache - nach französischem Vorbild.
Weiter bin ich sauer, daß nun in der öffentlichen Rezension und Empfehlungen Piloten "enger an die Leine" und der Datenschutz sowie die ärztliche Schweigepflicht aufgeweicht werden sollen. Das gibt aber die Sachlage und der Bericht aus meiner Sicht nicht her. Es werden Defizite in der Administration (Zitat PuF: "Lachnummer unter den Luftfahrtbehörden in Zentraleuropa.") und der Organisation genannt. Vielleicht sollte man da zuerst den Hebel ansetzen bevor es an Abwägungen bei Datenschutz und ärztlicher Schweigepflicht geht - zumal eine anwendbare Regelung mit dem §34 StGB bereits existiert:
Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.
Aber unsere Medien haben schon zum Unfallzeitpunkt nicht gerade mit Sachkenntnis geglänzt oder gar mit einem journalistischen Gespür für Details.
Wenn unser Herr Verkehrsminister nur ansatzweise Anstand hätte, würde er jetzt endlich die politische Verantwortung für den Zustand in seinem Hause übernehmen.