Learn To Fly Here!UL-Fluglehrer

Checkliste zur Auswahl einer Flugschule

Wer sich für eine Ausbildung zum Sportpiloten entschieden hat, steht meist direkt vor der nächsten Entscheidung: Wo soll die Ausbildung statt finden? Luftsportverein oder gewerbliche Flugschule?

Eine pauschale Antwort auf diese Frage existiert nicht da es sowohl kostengünstige, gewerbliche Flugschulen als auch zeitlich flexible Vereine gibt. Doch die Ausbildungskosten allein sollten nicht im Vordergrund stehen. Mit dem heutigen Blogeintrag möchte ich eine Checkliste zur Entscheidungsfindung geben:


Check 1: Versicherungsfragen prüfen

Was passiert, wenn Sie als Familienvater, Haupternährer oder Unternehmer durch einen Flugunfall für mehrere Monate wegfallen? Wer trägt die Kosten für Verdienstausfall und Genesung? Was passiert im Todesfall? Das sind zugegebenermaßen keine sehr schönen Fragen. Aber diese sollten besser im Vorfeld einer Pilotenausbildung bedacht werden, als im Nachhinein von den Hinterbliebenen juristisch aufgearbeitet zu werden.

Pauschale Aussagen, dass Schüler über eine Flugschule abgesichert seien, sind mit Vorsicht zu behandeln. Grundsätzlich ist es empfehlenswert im Vorfeld zu klären wer Eigentümer und Halter der Maschinen ist. Werden Flugzeuge von Flugschulen von Einzelpersonen oder GbR Gesellschaften geführt, so ergeben sich besondere Haftungsrisiken, die hier nachzulesen sind. Meist verfügen Ausbildungsmaschinen zwar über eine Sitzplatz-Unfallversicherung jedoch bewegen sich die Deckungssummen nur bei der gesetzlich vorgeschriebenen Mindesthöhe von 20.000 EUR - zu wenig für Personenschäden mit Invalidität oder Todesfolge. Fragen Sie gezielt nach der Höhe der Deckungssummen und prüfen Sie, ob diese in Ihrem Ausbildungsvertrag auch so fixiert sind. Bedenken Sie, dass bei Ausbildungsflügen kein Beförderungsvertrag zustande kommt und kombinierte CSL Halter-Haftpflichtversicherungen nicht greifen. Möglicherweise macht eine eigene Versicherung Sinn, um Ihre Familie vor einem Unfall zu schützen.

Mustergültig gelöst ist es, wenn eine Flugschule Ihre Versicherungsbedingungen im Internet zum Download anbietet, so wie es der nachfolgende Screenshot sehr gut zeigt:

blog-versicherungsunterlagen

Fragen Sie auch den Fluglehrer nach seiner Fluglehrer-Haftpflicht. Denn er ist derjenige, der Verantwortung und somit zivilrechtliche Haftung für jeden Ausbildungsflug übernimmt. Selbst bei Unfällen, die aufgrund eines Fremdverschuldens passieren, ist er zunächst wegen der Gefährdungshaftung mit dabei. Riskieren Sie nicht, im Schadensfall auf Ihren zivilrechtlichen Ansprüchen sitzen zu bleiben.


Check 2: Ausbildungskultur kennenlernen

Nehmen Sie sich frei und schauen Sie einem Verein oder einer gewerblichen Flugschule einen Tag lang über die Schulter. Das kann zum Beispiel im Zuge eines Schnupperfluges erfolgen. Nehmen Sie sich Zeit für Gespräche auch mit den Menschen im Umfeld aber lassen Sie sich nicht von einer gemütlichen Grill-Atmosphäre ablenken, sondern bewahren Sie sich den kritischen Blick für die Arbeitsabläufe und Organisation hinter den Kulissen.

Flugschulen sind kein Abenteuerspielplatz für Erwachsene sondern unterliegen bei aller Freude und Begeisterung für den Luftsport den gesetzlichen Normen (LuftVZO, LuftPersV und LuftBO) sowie den Vorgaben des Ausbildungshandbuches von DAeC und DULV. Diese wurden zuletzt noch im März 2015 aktualisiert.

Haben Sie es mit einem funktionierenden Verein mit einer gesunden Mitgliederstruktur aus jung und alt zu tun? Arbeiten Fluglehrer eigenständig und professionell oder reden dominante "Helikopter-Geschäftsführer" oder Vereinsvorstände in die Ausbildung hinein? Nicht ohne Grund stehen Ausbildungsleiter und Fluglehrer eher neben den üblichen Vereins- und Firmenstrukturen.

Herrschen grobe Umgangssitten oder eine gesunde Kultur des respektvollen Miteinanders? Wie wird mit Fehlern und Kritik umgegangen? Können diese frei geäußert werden? Wie kann jemand mit kritischen Situationen umgehen und sich pädagogisch und methodisch auf einen Flugschüler einstimmen, wenn schon am Boden ersichtlich wird, dass diese Person nicht mit Geduld und Empathie gesegnet ist?


Check 3: Wie sieht die Unfall-Historie aus?

Zurückliegende Flugunfälle können sehr viel über den Ausbildungs- und Wartungsstand einer Flugschule aussagen. Passierten Unfälle während der Ausbildung - Bugradlandungen sind der Klassiker - so sind die Qualität und das Sicherheitsbewusstsein zu hinterfragen. Unfälle während der Vercharterung ermöglichen hingegen Rückschlüsse auf den Stand der Wartung der Maschinen. Hier hilft mitunter der Blick in den Hangar: Niemand verlangt vom Boden essen zu können, aber in einer bereits augenscheinlich auch von Laien feststellbaren Unordnung, können unmöglich strukturierte Abläufe oder Sicherheitsbewusstsein praktiziert werden. Am besten den „Safety-Record“ einer Flugschule immer direkt ansprechen und mit den Erfahrungen von anderen Plätzen vergleichen.


Check 4: Wer bildet aus?


Klären Sie vorher ab, wer Sie ausbildet und lernen Sie Ihren Fluglehrer kennen. Mit diesem werden Sie mindestens 25 Stunden im engen Cockpit verbringen und lange Touren unternehmen. Entscheidend ist nicht nur die sprichwörtliche Chemie sondern auch die Frage, ob Sie mit einem erfahrenen Fluglehrer oder einem Assistenten zusammen kommen. Leider werden Ihnen manchmal Letztgenannte als Erstgenannte vorgestellt. Das DAeC Ausbildungshandbuch äußert sich dazu auf Seite 17 eindeutig:

Nach bestandener theoretischer und praktischer Prüfung während eines Fluglehrer-Assistenten-Lehrgangs darf der Fluglehrerassistent nur unter Anleitung und Aufsicht des Ausbildungsleiters oder einem von diesem dazu bestimmten, erfahrenen Fluglehrer tätig sein. Der Fluglehrerassistent darf:

- keine Zustimmung zum ersten Alleinflug und
- keine schriftlichen Flugaufträge zu Allein-Überlandflügen erteilen,
- keine Übungsflüge mit Fluglehrer gemäß LuftPersV zur Verlängerung einer Berechtigung durchführen.

Der aufsichtführende Fluglehrer hat sich durch einen Flug mit dem/den Flugschülern davon zu überzeugen, daß das Ziel des jeweiligen Ausbildungsabschnittes erreicht ist, welches von dem Fluglehrerassistenten vermittelt wurde. Nur der aufsichtführende Fluglehrer kann die Zustimmung zum ersten Alleinflug und nur in Absprache mit einem zweiten Fluglehrer sowie Flugaufträge dazu erteilen.


Wenn Sie schon bei einer Flugschule einen Premium-Preis für Ihre Ausbildung bezahlen, dann lassen Sie nicht zu, dass man Ihnen diese verweigert und anstatt Fluglehrer ausschliesslich nur Assistenten einsetzt. Abgesehen von straf- und haftungsrechtlichen Fragen dieser Geschäftspraxis lassen sich einmal eingeschlichene und manifestierte Ausbildungsfehler später schwer wieder korrigieren.


Check 5: Ausbildungsunterbrechungen

Dem Ausbildungsfortschritt stehen längere Unterbrechungen entgegen. Dabei ist es unerheblich, ob diese durch schlechtes Wetter, Ausfall der Schulungsmaschine oder terminlich ausgelastete Fluglehrer erfolgen. Bei zuviel Abstand zwischen Flugstunden brauchen Sie immer extra Zeit, um wieder rein zu finden. Da ein Lerntempo immer sehr individuell ist, kann Ich hier keine pauschale Empfehlung geben ab wann ein Abstand zwischen Flugstunden zu lang ist. Versuchen Sie auf jeden Fall eine Regelmäßigkeit Ihrer Termine anzustreben. Bei mindestens 2 Flugstunden in der Woche sollte eine Lizenz innerhalb einer Flugsaison im machbaren Bereich liegen.

Verfügt eine Flugschule oder ein Verein über mehrere Schulungsmaschinen und Fluglehrer, die auf diesen auch ausbilden können? Können Sie im Internet bequem Termine reservieren? Das alles sind Faktoren, die helfen das Risiko von Ausbildungsunterbrechungen zu minimieren.


Check 6: Selbstbeteiligungen

Wie weiter oben festgestellt, trägt bei Ausbildungsflügen immer der Fluglehrer Verantwortung für Mensch und Material. Mitunter wird jedoch im Ausbildungsvertrag versucht eine zusätzliche Selbstbeteiligung zu vereinbaren. Dieses ist nicht nur juristisch fragwürdig sondern hinterlässt mehr als ein "Geschmäckle" da es sich um nichts anders als einen Versuch handelt zu Lasten des Flugschülers abzukassieren. Werden Sie bei solchen Passagen in Ihrem Ausbildungsvertrag misstrauisch!


Check 7: Anzahlungen/ Vorauszahlungen/ Stornierungen

Abgesehen von festen Aufnahme-, Theorie- oder Anmeldegebühren sowie bei Vereinen im voraus zu entrichtende Mitgliedsbeiträge, rate ich vor weiteren pauschalisierten Zahlungen, Vorauszahlungen, Kautionen (oder wie auch immer diese benannt werden) grundsätzlich ab. Es ist eigentlich Usus eine Ausbildung etappenweise "nach Verbrauch" abzufliegen. Nichts ist ärgerlicher nach wenigen Wochen festzustellen, dass die Chemie doch nicht passt, Termine oder Zusagen nicht eingehalten werden und ein Flugschulwechsel plötzlich von der Herausgabe Ihres im Voraus gezahlten Geldes abhängig gemacht wird.

Achten Sie auch bei Rechnungsbelegen immer auf Nachvollziehbarkeit. Eine Rechnung sollte immer mit dem jeweiligen Leistungsdatum, einer minutengenauer Abrechnung der Flugzeit und separat aufgeführte Kosten für Fluglehrer und Landegebühren ausgewiesen sein. Passieren auf dieser formalen Ebene einer gewerblichen Flugschule bereits lästige Nachfragen oder Fehler? Wie sieht es erst in den stressigen und anspruchsvollen Situationen abseits formaler Vorgaben und Prozesse?


Check 8: Nach der Ausbildung

Wie sieht die Betreuung nach einer fliegerischen Ausbildung aus? Es ist empfehlenswert Praxis zu sammeln und „dran“ zu bleiben. Aber stehen neben der Ausbildungsmaschine auch Charter-Maschinen zur Verfügung? Es stellt sich die Frage, was einem die lokale Nähe zu einer Flugschule bringt, wenn später die einzige zur Verfügung stehende Maschine mit Schulungen geblockt ist?

Werden Unterschiedsschulungen mit anderen UL Mustern angeboten? Gerade im sehr breiten Segment der Luftsportgeräte bestehen erhebliche fliegerische Unterschiede zu den High-Performance Mustern. Hier können durch Auswahl einer bestimmten Flugschule bereits im Vorfeld Unterschiedsschulungen zum Beispiel im Zuge der Passagierberechtigung sinnvoll kombiniert werden.

In Vereinen ist es häufig üblich nach längeren Flugunterbrechungen Flüge mit einem „Sicherheitspiloten“ zu unternehmen. Grundsätzlich ein sinnvoller Gedanke. Doch ist hier genau nachzuhaken, wer dieser Sicherheitspilot ist. Der Vorstand oder andere Vereinsmitglieder sind es mit Sicherheit nicht. Denn das können nur entsprechend qualifizierte Fluglehrer sein wie die BFU sehr ausführlich in Ihrem Untersuchungsbericht 3X020-09 beschreibt.


Zusammenfassung

Gewerbliche Flugschule oder Verein? Treffen Sie Ihre Auswahl bitte nicht ausschliesslich aufgrund des Preises oder der Entfernung zu Ihrem Wohnsitz. Suchen Sie nach Qualität und Professionalität, gerade wenn Sie bei gewerblichen Flugschulen einkaufen. Qualität lässt sich nicht quantitativ mit der Anzahl an Flugzeugen, Mitarbeitern, Flugschülern oder Vereinsmitglieder messen. Suchen Sie nach Erstklassigkeit!

Ich wünsche Ihnen ein glückliches Händchen und stehe bei Fragen oder Problemen gerne persönlich zur Verfügung.

Always happy landings,
Tomas Jakobs