Übersicht Luftfahrt-Versicherung und Haftpflicht
www.advocat.ch/fileadmin/user_upload/publikationen/roland_mueller/Flugunfall_-_Luftfahrthaftpflicht.pdf
Auch wenn dort auf das Schweizer Recht und Urteile verwiesen wird, so finden sich die jeweiligen Paragrafen und Bestimmungen auch hierzulande wieder.
Ausgangspunkt meiner Suche war der jüngste BFU Bericht 16-0140-3X wo mir auffiel, daß an einem Luftsportgerät teilweise erhebliche Umbaumaßnahmen durchgeführt wurden (Umbau von Sporn- auf Bugradversion, neue Motor, neuer Propeller, Umrüstung bei Avionik und Batterie) ohne daß die Notwendigkeit eines aktualisierten Wägeberichtes gesehen wurde. Unabhängig von der Frage wie schwer das Luftsportgerät am Ende tatsächlich war, weist der bestehende Wägebericht ein Leergewicht von 316kg aus. Bereits mit Einsteigen von Pilot und Passagier, befand sich das UL jenseits der zugelassenen Betriebswerte. Ein Punkt auf den sich Versicherungen, Versorgungsträger und Hinterbliebene (zurecht) stürzen werden.
Einige sehr einprägsame Zitate aus der PDF:
Für Personen- oder Sachschäden, die vom Luftfahrzeug einem Dritten zugefügt werden, haftet deshalb der Halter des Luftfahrzeuges unabhängig von jeglichem Verschulden. Als Halter gilt dabei der Betreiber (Operator) des Luftfahrzeuges. Dieser muss nicht mit dem Eigentümer (z.B. eine Bank oder Leasinggesellschaft) oder dem Piloten (Führer des Luftfahrzeuges) identisch sein.
Gegenüber natürlichen Personen können Luftfahrtversicherungen einwenden, diese hätten den Unfall mitverursacht und deshalb werde keine Deckung gewährt. Ein solcher Einwand wird beispielsweise erhoben, wenn ein Geschäftsmann mit eigenem Flugzeug verunglückt und sich herausstellt, dass sein medizinisches Tauglichkeitszeugnis im Zeitpunkt des Unfalles nicht mehr gültig war. Dabei spielt es gar keine Rolle, dass der Geschäftsmann medizinisch gesehen kerngesund war und der Unfall auf einen defekten Motor zurückzuführen ist. Um solchen Problemen zu entgehen, werden deshalb Luftfahrzeuge nicht auf Haltergemeinschaften (einfache Gesellschaften) eingetragen, sondern z.B. auf Vereine. Nun muss die Versicherung ihre Leistungen gegenüber der juristischen Person erbringen und kann dann versuchen, allenfalls auf eine natürliche Person Regress zu nehmen.
Zum Thema Durchgriffshaftung:
In der Folge (hier ein Flugunfall vom 23. Juli 2007) erkundigte sich Frau Nationalrätin Leutenegger Oberholzer in einer Interpellation vom 4. Oktober 2007, wer für die Folgeschäden des Unfalls aufkommen müsse. Der Bundesrat verwies in seiner Antwort auf die obligatorische Versicherung für Schäden auf der Erde gemäss Art. 64 ff. LFG. Dem Bundesrat sei kein Ereignis bekannt, bei dem die vorgeschriebene Versicherungssumme nicht für die Deckung des entstandenen Schadens ausgereicht hätte. Sollte dies doch ausnahmsweise der Fall sein, so müsse der Halter für den Fehlbetrag aufkommen.
Auch wenn wir in ULs maximal 2-sitzig sind, ist dieser Hinweis aus Sicht einer Flugschule interessant:
Problematisch werden Ausbildungsflüge insbesondere dann, wenn ein Flugschüler oder der Eigentümer des Luftfahrzeuges will, dass interessierte Dritte mitfliegen. Solche Flüge sind grundsätzlich abzulehnen, denn der Flugschüler wird bei seiner Ausbildung behindert und bringt in der Regel nicht die Leistung, welche er sollte. Wird trotzdem eine solche Person mitgenommen, kann es zu versicherungsrechtlichen Problemen kommen. Die obligatorische Passagierhaftpflichtversicherung deckt zwar auch solche Personen, doch kann die Betriebshaftpflicht der Flugschule eine Deckung verweigern, da die Mitnahme der Person nicht zu Schulungszwecken erfolgte.
Rückgriff auf Fluglehrer:
Beim Schulflug kann der Flugschüler aus Auftrag oder Werkvertrag die Flugschule belangen, nicht aber direkt die Versicherung. Es ist dann Sache der Flugschule, eine allfällige Versicherungsleistung einzufordern. Die Flugschule kann aber auch Rückgriff (Regress) auf den Fluglehrer nehmen, falls dieser den Unfall unter Verletzung seiner arbeitsrechtlichen Sorgfaltspflicht verursacht hat. Dabei ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es sich bei der Fluglehrertätigkeit um eine sog. «schadensgeneigte Arbeit» handelt, so dass leichte Fahrlässigkeit erst im Wiederholungsfalle zu einer Haftung führt. Der Flugschüler kann gegen den Fluglehrer oder den Hersteller nur aufgrund von ausservertraglicher Haftung vorgehen; dazu hätte er jedoch u.a. ein entsprechendes Verschulden nachzuweisen.
Fazit:
Eigentlich ist jeder Einzelperson oder jeder Haltergemeinschaft zu empfehlen zur Risikominimierung eine juristische Person zu gründen. Das kann z.B. ein Verein, eine kleine Limited oder eine GmbH UG sein. Wer bereits ein Familienunternehmen führt ist gut beraten dieses außen vor zu halten.
Oder aus Flugschüler oder Charterkunden-Sicht betrachtet: Keine Flugzeuge von „Ein-Mann-Ein-Flugzeug“ Flugschulen fliegen. Meist sind es Einzelpersonen oder GbRs, die im Schadensfall von Ihren Versicherungen über Jahre hingehalten werden können, während ein Verletzter, möglicherweise berufsverhinderter Flugschüler oder seine Hinterbliebenen auf Geld warten.
Es gibt eine Fortsetzung mit einem Fallbeispiel aus Deutschland zu diesem Artikel...
Fliegt bitte always safe,
Euer Tomas Jakobs