Learn To Fly Here!UL-Fluglehrer

F-Schlepp in Oeventrop

Ich liebe Oeventrop! Der Segelflugplatz stellt durch seine besondere Lage im Ruhrtal, eingerahmt von höheren Bergen eine kleine Herausforderung dar, die alle Flachland-Flugplätze dazu im Vergleich langweilig erscheinen lässt.

Zunächst ist der Platz aus dem Gegenanflug in der Platzrunde nicht einsehbar - quasi ein "Klein-Mauterndorf“ für jene, die so etwas nur aus den Alpen kennen. Der Flugplatz verschwindet komplett im Ruhrtal und wird zusätzlich durch einen dicht am Platz gelegenen Bergrücken im Süden begrenzt.

Bei Südwind liegt der Platz entsprechend fast vollständig im Lee. Startende und landende Flugzeuge müssen sich Ihren Weg mehr oder minder durch Verwirbelungen und Rotoren "erkämpfen". Das hat schon so manchen ortsfremden Piloten ins Schwitzen gebracht.

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Denn auch wenn in den ICAO Karten 600 Meter als Pistenlänge angeben ist, so liegt die effektive Länge eher bei 450 Meter für die Graspiste 12/30. Auf dem Rest will man nicht wirklich rollen. Zum Vergleich: Helgoland hat für die 15/33 eine Pistenlänge von 480 Meter bzw. für die 03/21 nur 371 Meter. Und auf der Düne stehen keine Hindernisse oder hohe Berge in Flugplatznähe herum.

Eine Erleichterung gibt es jedoch: Zum Start und wahlweise auch zur Landung kann die asphaltierte Lepo-Strecke verwendet werden. Mit fast 900 Metern ist diese hinreichend lang jedoch nur ca. 2 Meter breit. Nicht jedermanns Sache und mit Präzision allein kommt man nicht weit. Einige tückische Bodenwellen fordern die volle Aufmerksamkeit des Piloten. Ein nicht entlastetes Bugrad oder ein nicht sauber bis zum Boden geflogenes Flugzeug lassen einen schnell wieder in die Luft springen - im besten Fall.

In Startrichtung 12 bilden die Erhebungen von Brumlingsen sowie der Küppelturm natürliche Hindernisse, die mit einer leichten Ka-6 oder Standard-Libelle im Schlepp locker überflogen werden können. Bei den schwereren Doppelsitzern wie z.B. ASK21 oder einer Duo Discus ist man gezwungen diese durch das Ruhrtal in einem Schlenker zu umfliegen.

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Auf welcher Seite des Tales hängt von den Windverhältnissen ab. Der Blick auf die beiden Windsäcke - einen am Pistenanfang, den anderen am Pistenende - reicht nicht aus. Bedingt durch die Tallage wird unten mitunter eine andere Windrichtung angezeigt als über den Bergkämmen tatsächlich vorherrscht. Entscheidend ist von daher die Windrichtung in etwa 2000 Fuß MSL. Kommt der Wind aus N bis NE, so ist der Flugweg nahe der Ruhr eher auf der rechten Talseite zu wählen. Kommt der Wind hingegen aus SE bis S so bleibt man besser links im Tal. Ein wichtiger Punkt für das Emergency Briefing: Umkehrkurven (z.B. bei einem Motorausfall) führen unweigerlich in ein Lee oder in die gefürchteten Rotoren - keine gute Idee! Zahlreiche Notlandefelder entlang der Schleppstrecke sind hier die eindeutig besseren Alternativen.

Vorbei am 1400 Fuß MSL hohen Küppelturm im Osten des Platzes dreht man nach Möglichkeit noch vor der Ortschaft Freienohl in den rechten Gegenanflug und erreicht auf Höhe der dann nicht mehr einsehbaren Piste 12 die gewünschte Platzrundenhöhe von 1700 bis 1800 Fuß südlich der Autobahn A46. Eine ideale Höhe für die Segler zur Separation.

Und wem das alles nicht genug ist, dem kann mit einer NOTAM Meldung südlich der Platzrunde gedient werden: Eine ca. 1850 Fuß MSL hohe Windmessstation reicht bis auf die Platzrundenhöhe und ist aufgrund von Abspannseilen faktisch genauso breit wie hoch. Da bei einer Separation ein Segler normalerweise nach rechts und die Schleppmaschine nach links wegdrehen, muß der Schlepppilot hier besonders aufpassen.

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Ich möchte nicht weiter auf Startstreckenberechnung oder Mindestgeschwindigkeiten eingehen. Letztere wird ohnehin vom Segler vorgegeben. Eine Duo Discus zum Beispiel „greift“ erst richtig bei etwa 120 km/h. Bedingt durch Prop Wash liegen hinten ca. 10-15 km/h weniger am Staurohr an als vorne. Zusätzlich bewirken die Lage des Platzes, die vorherrschenden Windverhältnisse sowie der Flugweg mit seinen zahlreichen Kurven, daß eine sichere Schleppgeschwindigkeit mit hinreichend Reserven deutlich schwerer wiegt als eine möglichst hohe Steigrate. Von daher sind die Angaben im Betriebshandbuch einer C42 eher als absolute Mindestangabe zu verstehen, die zudem auf ISA-Standard (15° C, windstill, MSL) bezogen sind.

Meine persönlichen Erfahrungswerte und Empfehlung bei einer ASK21 oder Duo Discus: Lieber mit 140 km/h sicher rausschleppen.

poh-vspeeds

Auch der Blick zur Motorleistung in Relation zur Temperatur und Dichtehöhe - ich verweise hier gerne auf meinen Blogbeitrag „Fliegen bei hohen Temperaturen" - bildet für die C42 Bison mit dem 914er Rotax Turbo keinen wirklichen Faktor. Die Dichtehöhe am Schlepptag lag bei etwa 1900 Fuß (Wind 45°, 8kt, Temp. 23°C, QNH 1013hPa). Mit Blick in die Leistungstabelle würde in Oeventrop selbst bei 35° C und einer Dichtehöhe von 4000 ft noch immer eine Startleistung von 76 kW (ca. 102 PS) anliegen - der Luxus eines Turbo-Aggregates.

914er-leistung



Ich wünsche Euch viel Spaß beim Betrachten des Videos und ja das ist vorläufig der letzte Blogbeitrag zum Thema F-Schlepp oder zum 914er Rotax Turbo. Das Teil hat nunmal wirklich tierischen Spaß gemacht und ist genau das richtige Schlepp UL für einen Flugplatz und Verein wie Oeventrop.

Fliegt always safe,
Euer Tomas Jakobs