Learn To Fly Here!UL-Fluglehrer

Finde den Fehler!

In der dunklen Jahreszeit, wenn die Tage kurz und kalt sind, kommt man eindeutig mehr zum Lesen oder Hören von guten Büchern.

Eines der Bücher der vergangen Wochen stammte von Rolf Dobelli. In „Die Kunst des klaren Denkens“ findet er die passenden Worte und Geschichten zu häufigen Denkfehlern, die wir alle nur zu gut kennen - mit denen wir uns täglich herumschlagen - nur um trotzdem irgendwie immer wieder reinzutappen.

Doch was hat das mit der Fliegerei zu tun? Nun ich könnte genauso gut fragen, warum verunglücken gesunde und gut ausgebildete Piloten mit völlig intakten Maschinen bei CAVOK? Die Antwort ist bei beiden die Gleiche: Menschliche Fehler!

Wobei ich jetzt den deutschen Begriff nicht wirklich mag. Im Englischen spricht man von "human factors". Eindeutig die bessere Formulierung ohne mitschwingender Schuldzuweisung. Jemand hat etwas falsch bedient oder einen Fehler gemacht. Als ob es immer nur "den" einen Fehler und "die" eine Ursache gäbe. "The fallacy of the single cause" ist ein weiterer - von Dobelli ebenfalls sehr gut vorgestellter - Denkfehler.

Doch mein Lieblingsdenkfehler ist der „confirmation bias“ (in deutsch Bestätigungsfehler). Es ist die Tendenz selektiv nur das zu sehen, was man auch sehen möchte. Mir ist vollkommen klar, daß ich mich für die wenigen weiblichen Leser dieses Blogs als Kerl jetzt auf ganz dünnem Eis bewege. Aber wir Menschen neigen wirklich dazu, Bestehendes viel lieber zu bestätigen als mühselig nach Ausnahmen und Fehlern zu suchen. Passt etwas nicht ins Bild oder werden uns widersprüchliche Informationen zuteil -„disconfirming evidences“ - so filtern wir diese aus. Das geschieht selbst dann, wenn um uns herum alles in hohen, lang anhaltende Warnsirenen ertönt, so wie in diesem Video sehr gut deutlich wird:



Rolf Dobelli nennt in seinem Buch ein anderes Beispiel, welches ich gerne hier mit Euch teilen möchte:

Ein Dozent legt seinen Studenten die Zahlenreihe 2,4,6 vor. Diese sollen nun die zugrundeliegende Regel durch Nennen von weiteren Zahlen ermitteln. Der Dozent vergleicht eine so genannte Zahl mit der Regel und antwortet mit „passt auf die Regel“ bei einer richtigen oder mit „passt nicht auf die Regel“ bei einer falschen Zahl. Die Studenten beginnen Zahlen vorzugeben:

„8“ - „passt auf die Regel“
„10“ - „passt auf die Regel“
„12“ - „passt auch auf die Regel“

Eigentlich eine glasklare Sache, oder? "Erhöhe die Zahl um 2“ sagen die Studenten. „Falsch!“ antwortet zum großen Erstaunen der Dozent.

Ein einzelner Student ging methodisch völlig anders an dieses Problem heran. Er probierte zunächst eine „4“. Der Dozent antwortete erwartungsgemäß mit „passt nicht auf die Regel“. Doch der Student gab nicht locker: „7“ worauf der Professor antwortete „passt auf die Regel“. Es folgten weiteren Zahlen wie „-24“, „9“, „-42“. Was machte der Student anders als die anderen? Er versucht seine Vermutung nicht zu bestätigen, sondern zu falsifizieren. Die Regel lautet: „Die nächste Zahl muß höher sein, als die Vorherige“ - Bravo!

Wer mit der Idee „Menschen sind gut“ durchs Leben geht, wird immer genügend Beweise und Bestätigung zu dieser Annahme finden. Leider trifft das auch für „Menschen sind schlecht“ zu. Oder für "Regeln sind schlecht", "Politiker sind korrupt" und möglicherweise auch für "UL Verbände sind unnütz". Astrologen und Wirtschaftsexperten arbeiten mit der gleichen Methodik und unterscheiden sich nur unwesentlich von religiösen oder philosophischen Eiferern.

„Der Dumme weiß nicht, daß er dumm ist“ schreibt Rolf Dobelli. Und so finden sich meist jene zusammen, die sich auch gesucht haben. Womit wir beim nächsten Denkfehler landen - dem „group thinking“. Anders kann ich mir nicht erklären, wie so manche den sehr guten Vorschlag von Jo Konrad in einem UL Forum madig reden und anfangen offene Briefe zu schreiben. Aber genug ausgeteilt. Wie kann man sich vor solchen Fallstricken des menschlichen Denkens schützen?

Sucht nach Fehlern! Habt keine Angst, diese laut zu benennen! Natürlich spielt auch das jeweilige Framing eine nicht gerade kleine Rolle. Doch grundsätzlich gilt: Erst dann, wenn Fehler frei und ohne Sanktionen kommuniziert werden, kann man diesen auch mit geeigneten Instrumenten, Regeln oder Checklisten entgegen wirken.

In diesem Sinne, always „fly safe“
Euer Tomas Jakobs