Learn To Fly Here!UL-Fluglehrer

Checkliste für den Winter

Das Fliegen in der kalten Jahreszeit ist ein einzigartiges Erlebnis. Wenn es nicht gerade stürmt und schneit bieten die wenigen kontinentalen Hochdruckgebiete im Winter pulverschneebedeckte Landschaften und phantastische Sichtweiten von 100 km und mehr. Diese Checkliste möchte ohne Anspruch auf Vollständigkeit acht Punkte in Erinnerung rufen, die im Winterbetrieb nicht vergessen werden sollten.

Dabei möchte ich mich nicht mit Offensichtlichem wie Schnee- und Eis auf Rumpf, Flächen oder im Radbereich aufhalten. Diese sind selbstverständlich zu entfernen. Die meisten von uns dürften mit hangarierten Maschinen von gut geräumten Asphaltpisten und Rollwegen aus starten, wo diese Faktoren keine Rolle spielen sollten.

Ich wünsche viel Spaß beim Lesen und noch viel mehr beim nächsten Ausflug.


1. Zeit nehmen


Grundsätzlich sind Flüge im Winter zeitlich großzügig zu planen. Bei Kälte dauert alles etwas länger. Kürzere Tage mit weniger fliegbaren Stunden machen es nicht einfacher. Kann im Sommer noch weit bis nach Sonnenuntergang in der bürgerlichen Dämmerungszeit geflogen werden, so verhindert das im Herbst und Winter aufsteigender Advektionsnebel. Plätze in Tallagen oder in Gewässernähe sind hier besonders betroffen und häufig schon lange vor Sonnenuntergang kaum noch anfliegbar. Von daher immer genügend Spritreserven und einen Plan B parat halten, um kurzfristig einen höhergelegenen Alternate anfliegen zu können.

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2. Motor vorwärmen


Kälte ist Gift für jeden Motor. Jeder Anlassvorgang bei Minusgraden wird mit reduzierter Lebensdauer bezahlt. Empfehlenswert ist es Motor, Kühlwasser- und Ölkreislauf vorher zu wärmen. Wie, da spalten sich die Meinungen und es gibt eine Vielzahl an käuflichen Lösungen. Von elektrischen Heizmatten bis zu eingebauten oder externen Vorwärmgeräten mitsamt flexiblen Zuführungen. Der Motor dankt es auf jeden Fall mit einem sofortigen Anspringverhalten. Anlasser, Batterie und Freilauf werden geschont und die Umwelt- und Lärmbelastung nebenbei durch kürzere Motorlaufzeiten zum Warmwerden niedrig gehalten.


3. Ladestrom erhalten

Wenn die Tage kürzer werden und der Flieger öfters im kalten Hangar stehen bleiben muss, machen Ladeerhaltungsgeräte Sinn. So ist gewährleistet, daß selbst nach einer wetterbedingten, längeren Standzeit und im Vergleich zu Sommer eher kurzen Flügen zum Wiederaufladen, eine Batterie auch bei Minusgraden zuverlässig funktioniert.


4. Vorflugkontrolle

Allein durch das Handling mit Motorvorwärmung und Batterie-Ladestation wird deutlich, daß Winter- und Sommerbetrieb nur schwer miteinander vergleichbar sind. Zusätzlich zerren kalte Finger und der Drang endlich „im Warmen“ zu sitzen an einer gewissenhaft durchgeführten Vorflugkontrolle. Kleinigkeiten können die im Sommer bewährten Abläufe unterbrechen, Fehler einschleichen. Daher ist die Vorflugkontrolle im Winter besonders sorgfältig auszuführen.


5. Temperatur halten 

Einmal im Flieger, die Türen oder Haube fest verriegelt und der Motor auf Betriebstemperatur gebracht, lautet die nächste Herausforderung: Die Temperatur in diesem Bereich zu halten. Bei Start und unter Vollgas mit Sicherheit kein Problem. Schwieriger wird’s im Reise- oder Sinkflug bei reduzierten Leistungseinstellungen und höheren Geschwindigkeiten. 

Die ideale Betriebstemperatur eines Rotax Motors liegt zwischen 90 und 110 Grad Celsius. Wer mit Thermostat fliegt hat einen deutlichen Vorteil. Dieser hält die Kühlflüssigkeit solange im Motorraum bis die Betriebstemperatur erreicht ist. Erst dann öffnet das Thermostatventil und sorgt für Kühlung. 

Im Unterschied dazu öffnet und schliesst eine Cowl-Flap oder Kühlklappe den Luftzug zum Kühler. Im Prinzip die gleiche Wirkungsweise wie das klassische Stück Pappe nur ein wenig bequemer, da alles aus dem Cockpit heraus reguliert werden kann.


6. Vergaservereisung

Einige Motorflugzeuge verfügen über eine Carb-Temp Anzeige. Vielen UL Modellen ist diese jedoch fremd. Hier hilft nur Gehör (nachlassende Drehzahl und/oder Ladedruck) und gesunder Menschenverstand. Läuft ein Motor rau und unrund? Wird mit reduzierter Leistung bei geringer Außentemperatur (<15 Grad) geflogen? Möglicherweise sogar durch aufziehende Nebel- und Dunstbänke? Spätestens hier sollte eine Vorwärmung gezogen sein.

Die beste Vorsorge beginnt mit der meteorologischen Flugvorbereitung. Wenn anhand Temperatur-, Taupunkt- und Luftfeuchtewerte ersichtlich wird, daß mit einer Vergaservereisung zu rechnen ist, sollten Sinkflüge frühzeitig eingeleitet und mit leichtem Standgas geflogen werden. Ein Motor sollte in diesen Bedingungen nach Möglichkeit nicht im Leerlauf betrieben werden.

Letztes Jahr habe ich eine kleine WebApp programmiert, die bei Eingabe von Temperatur und Taupunkt die Wahrscheinlichkeit einer Vergaservereisung anzeigt. Diese kann hier gefunden werden.

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7. Im Winter sind die Berge höher


Diesen Merksatz kennt bestimmt jeder noch aus Flugschulzeiten. Da im Winter tendenziell weniger geflogen wird hapert es aber manchmal an der Übertragung von Theorie in die Praxis. Auch bei richtigen Höhenmessereinstellungen kommt bei vielen das Aha-Erlebnis, daß man „zu tief“ fliegt. Das merkt man besonders gut an markanten Orientierungspunkten wie Bergen, Windrädern oder Funktürmen.

Ein Beispiel: Das Thermometer in EDGS Siegerland (Elevation 1.966 Fuß) zeigt -4 Grad Celsius Außentemperatur an. Die ISA-Standardtemperatur für die Platzhöhe liegt aber bei 11 Grad. Somit haben wir eine ISA-Abweichung von -15 Grad. Pro Grad muß die Korrektur der Flughöhe um jeweils 0,4% (oder 2% pro 5 °C) erfolgen. Bei kälteren Temperaturen nach unten, bei wärmeren Temperaturen wie die ISA nach oben. Fliegen wir in vermeintlich sicheren 3.000 Fuß, so beträgt unsere tatsächliche Flughöhe demnach nur 2.830 Fuß, ca. 170 Fuß oder 50 Meter weniger als angezeigt.

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8. Frische Luft

Ist es draußen kalt ist man eher bestrebt Belüftung und Fenster geschlossen zu halten. Zusätzlich bläst die Heizung warme Motorluft in die Kabine. Bei Undichtigkeit oder Beschädigung der Auspuffanlage besteht jedoch die Gefahr, daß auch Kohlenmonoxid in die Kabine eindringt. Ein Gift, das wir weder riechen noch schmecken. Einzige Indikatoren können zunehmende Müdigkeit oder Übelkeit sein. Verläßlicher sind Kohlenmonoxid-Detektoren, die im Panel angeklebt, durch einen Farbwechsel von einem hellen Beige (oder Rot) ins Schwarz auffallen. Diese sollten in der „Heizperiode“ im Herbst und Winter im Flug mit kontrolliert und selbstverständlich nicht abgelaufen sein. 

Kommt es wider Erwarten zu einer Kontamination der Kabinenluft, so sind unverzüglich alle Fenster zu öffnen, die Heizung auszuschalten und der nächste Flugplatz anzufliegen. Ist dieser weiter entfernt, sollte auch eine Sicherheitslandung erwogen werden.

Mit diesem Blogbeitrag verabschiede ich mich in den Winterurlaub und wünsche Euch ein paar schöne Weihnachtstage. Fliegt bitte auch im Winter safe! Wir sehen uns im neuen Jahr!

Euer Tomas Jakobs