Learn To Fly Here!UL-Fluglehrer

A-B ungleich B-A

Ein freier Tag, der fliegerisch sinnvoll genutzt werden will. Aber wie? Die aufwändig geplante Tour quer durch Deutschland fällt aus dem Raster. Ganz bestimmt zählt die "erweiterte" Platzrunde zum Nachbarplatz auch nicht dazu. Ein gepflegter Tagesausflug - das klingt gut. Und führt der Weg zu einem bisher noch nicht besuchten Platz, wird der Entdeckergeist im Manne geweckt, umso besser. Böse (Frauen-) Zungen verwechseln den Kaffee und Kuchen am Zielflugplatz mit Schokolade und nennen sowas "Spannung-Spiel und Schokolade" für erwachsene Jungs. Uns soll's egal sein. Wir sehnen uns nach dem "Sundowner" am Rückflug, die höchste Form der Vollendung eines gelungenen Tages.

Selbstverständlich wird eine solche Tour früh morgens oder bereits tags zuvor mit der notwendigen Sorgfalt vorbereitet. Vor allem dann, wenn es zu unbekannten Plätzen geht. Gibt es Besonderheiten im Anflug? Ist eine PPR einzuholen? Existieren Mittagszeitregelungen? Doof erst nach der Landung erfahren zu dürfen, daß in den kommenden zwei Stunden nicht gestartet werden darf. Noch doofer wenn gleichzeitig das Restaurant geschlossen ist. Alles Punkte, die mit in eine systematische Flugvorbereitung gehören neben den "usual suspects" wie Lufträume, Wetter und Notams.

Denksportaufgabe: Wann ist die Unfallgefahr am höchsten?

Selbstverständlich kann ich hier nur meine persönliche Erfahrung wiedergeben. Eine höchst subjektive und zudem durch keine mir bekannte Statistik beleg- oder falsifizierbare Erfahrung. In Unfalluntersuchungen werden Flüge immer isoliert mit Ihren Start- und Zielflugplätzen betrachtet. Flüge von A nach B. Erst mit Lesen der detaillierten Unfallhergänge ergibt sich ein Bild, das zuvor im Verborgenen lag. Die meisten Unfälle passieren bei Flügen von B nach A. Es sind die Rückflüge, die scheinbar unfallträchtiger sind als die Hinflüge. Die Gründe und Faktoren hierfür sind naheliegend und stimmig:

Eine Flugvorbereitung vom Morgen liegt bei Antritt des Rückfluges am Nachmittag um mehrere Stunden zurück. Besonders bei labilen und dynamischen Wetterlagen kann das Wetter längst weiter sein als geglaubt. Ein jeder möge sich selbst fragen, warum für den Hinflug mehrere Wettermodelle, METARS, Vertikalprofile und Cross-Sections am Rechner geprüft werden. Der Rückflug hingegen meist mit einem kurzen Blick auf GAFOR oder Regenradar im Smartphone im Vorbeigehen "abgefrühstückt" wird - wenn überhaupt.

Bei Rückflügen treten Ermüdungserscheinungen schneller auf wie bei Hinflügen. Begünstigt wird dies durch Faktoren wie einer hohen Konzentration auf fremden Plätzen, die vielen neuen Eindrücke und Erlebnisse im Tagesverlauf, einer möglicherweise unzureichenden Flüssigkeitsaufnahme oder das zu mächtige Essen im Magen.

Auch wenn wir Sportpiloten ein wunderbares Hobby pflegen und keinen operativen Druck eines Luftfahrtunternehmens im Nacken haben, so baut sich bei Rückflügen meist doch genau dieser Druck auf. Das ist die Sorge, es nicht mehr rechtzeitig zum Ende der Betriebszeit des Platzes zu schaffen. Das ist aber auch die deutlich höhere Entscheidungsschwelle zu einem fremden Flugplatz umzudrehen oder ganz unten zu bleiben wenn es Wetter oder Technik erfordern. Die unvorbereitete Übernachtung in der Ferne mit dem ganzen Rattenschwanz an organisatorischen und logistischen Dingen, lassen einen Piloten nicht mehr logisch sondern psycho-logisch entscheiden.

Mein ganz persönliches Gegenmittel: Ich packe auch für kurze Tagesausflüge den Kulturbeutel mit den notwendigen Utensilien ein. Dazu zählen Bargeld, Unterwäsche, Ladekabel und Powerbank. Bin ich alleine unterwegs und habe Platz für einen Rucksack, nehme ich auch meine SLR Kamera und das Notebook mit. So fällt einem die Entscheidung zur Umkehr und Übernachtung in der Fremde deutlich einfacher. Und ein Landebier bei einem Sundowner schmeckt auch dort.

Lasst bitte Euren nächsten Tagesausflug in keiner bösen Überraschung enden.

Einen guten Start in die neue Flugsaison,
Euer Tomas Jakobs


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