Polartour 2019 - Teil II - Gargnäs
21.07.19 21:53 Reiseberichte
Was bisher geschah:
Polartour 2019 - Teil I
Hej, liebe Grüße aus dem schwedischen Hochland!
Gestern Vormittag lief ich noch um 11 Uhr über das Vorfeld von Münster Telgte. Um kurz nach 20:00 Uhr über den Flugplatzrasen in Gargnäs ca. 1.700 km Luftlinie oder 2.064 km Strassenkilometer entfernt.
Das Wetter gestern meinte es sehr gut mit mir. Tailwind auf der ganzen Strecke. Zeitweise erreichte ich 295 km/h Groundspeed. Von der Terrasse des kleinen Hotels der Familie Wäckerlin aus schreibe ich bei einem Kaffee und einem wirklich leckeren Schweizer Schokopudding meinen heutigen Blog.
Gestern Abend plante ich noch einen Weiterflug heute Mittag. Das morgendliche Ritual des Wetterbriefings nach dem Frühstück zeigte jedoch, daß der morgige Montag die bessere Option ist. Doch bevor ich mehr zum Weiterflug schreibe, ein paar Worte und Bilder vom gestrigen Reisetag. Mehr Bilder sind in de Galerie hier zu finden.
Telgte - Gargnäs in one day
Anders als im Vorjahr habe ich meine Flugpläne dieses mal en bloc morgens früh um kurz vor 8 Uhr gefiled bevor ich nach Münster zum Flugplatz fuhr. Binnen weniger Minuten wurden diese sowohl von der deutschen und der schwedischen Seite bestätigt. Beim letzten Leg wurde mir sogar eine Shortcut quer durch eine nicht aktive Restricted Areas gegeben. Da hat einer mitgedacht! Ich bin es gewohnt, auf jeweils der nationalen AIS Website meine Flugpläne zu filen und sehe keinen besonderen Vorteil, etwas für das Ausland auf der DFS Seite erledigen zu wollen, was eh nur weitergeleitet wird. Dann lieber der direkte Weg, wo auch Rückfragen möglich sind.
Der Flug von Münster nach Barth verlief unspektakulär, etwas kniffelig war in Barth lediglich der starke Südwind Cross zur 09. Der Tipp des Flugleiters etwas weiter versetzt zur Pistenmitte hin aufzusetzen war in Anbetracht der Lee-Verwirbelungen einer Baumgruppe direkt rechts neben der Schwelle berechtigt.
Zur Ostseeüberquerung habe ich mich dieses Jahr für eine etwas längere Wasserstrecke entschieden, um möglichst weit im östlichen Schweden zu bleiben. Gemeldet waren Regen und Gewitter, die aus dem Westen einzogen. Wie letztes Jahr überflog ich bequem die Lufträume im Süden Schwedens auf FL115. Meine bessere Hälfte würde mir vorwerfen, ich sei faul. Ja und Nein - ich würde ja eher aus einer arbeitsökonomischen Sicht argumentieren. An einem so langen Flugtag will ich ein Hin und Her mit häufigen Frequenzwechseln, dem jeweiligen Einholen von Freigaben, dem ständige Abgleich mit den veröffentlichten Öffnungszeiten in den NOTAMS, ob nun eine Kontrollzone und TMA aktiv ist oder nicht, einfach nur vermeiden. Kontrolliert in einem Zug über alles hinweg fliegt es sich deutlich entspannter.
Höhe Stockholm war jedoch Schluß mit Faul… ehm… Bequemlichkeit und ich musste einen Decent requesten um VMC zwischen den hoch auftürmenden Wolken zu halten. Die Cumulus Wolken haben sich links von mir zu Regenwolken aufgebaut und entluden Ihren Ballast. Es ging zuerst runter auf FL95, später dann ganz unter die Base auf FL55. Ein Bereich, wo ich auf Strecke nur ungern bin, ist hier doch das bevorzugte Jagdgebiet von Segelflugzeugen nach Aufwinden.
Aufgrund des guten Windes habe ich mich nach einer Risk-Benefit Abwägung für Mohed (ESUM) als Zielflugplatz für meinen 3. Leg entschieden und dabei bewusst gegen meine selbstgesteckte und bewährte 2h-Regel verstoßen. Mir war ein bekannter Platz mit mir persönlich bekannten Menschen lieber als etwas Neues, Unbekanntes. Ging es doch gen Abend zu und erhoffte ich mir so weniger Stress und einen schnelleren Umlauf. Genauso war’s auch. Mit dem rechten Tank auf Reseve landete ich in Mohed. Das Nachtanken lief wie am Schnürchen, so daß am Ende noch 20 Minuten für einen entspannten Kaffee und Smalltalk blieben bevor mein Folgeflugplan um 1700 UTC begann.
Keine 2 Stunden später, mit dem Rasten der wohl einprägsamsten Standby-Frequenz etwa 166 km und 38 Minuten vor Ankunft kam erstmalig ein Gefühl von Urlaub. Ich bin am Ziel. Landung kurz nach 20:30 Uhr im schönen Gargnäs.
Landung wie üblich: Blindmeldung abgeben (am Funk ist eh keiner), den Platz überfliegen, Windsäcke (2 Stück!) prüfen, Sicht und Sonnenstand abwägen und Landerichtung selbst entscheiden. Möglichst gegen den Wind und/oder mit der Sonne im Rücken.
Goldene Regel in Schweden: Noch vor dem Aussteigen den Flugplan schliessen. Einmal ausgestiegen vergisst man das Schliessen schnell und im menschenleeren Hochland hat ein nicht geschlossener Flugplan eine andere Relevanz wie bei uns im dicht bevölkerten Mitteleuropa.
Und das war auch gut so, denn kaum ausgestiegen, sah ich ein Auto vorfahren. Es war Robert in dessen schönen Bed & Breakfast Hotel ich übernachte. Und obwohl ich ihm nur mitgeteilt habe, daß ich kommen werde, war ich doch angenehm überrascht, daß er mich am Platz abholen kommt. Habe mich schon meine Taschen die ca. 2 km zum Hotel tragen gesehen. Über diesen unangekündigten Shuttle Service war ich sehr erfreut. Ganz großes Lob! Und ganz breites Schmunzeln bei Anblick von Robert's Musik im Seitenfach.
Wie geht’s weiter?
Das war der gestrige Abend. Mit dem Wetterbriefing heute nach dem Frühstück habe ich meine ursprüngliche Planung ad acta gelegt. Sowohl auf dem Weg auf Höhe Kiruna als auch in Alta selbst wurden Gewitter gemeldet (Alle Screenshots im oben angegebenen Bilderordner). Jenseits des Polarkreises, wo im 100 km Radius um meine Destination nur 4 Plätze gibt, sollte diese doch bitte frei von lokalen Gewittern sein.
Der Montag erschien in den Prognosen eindeutig als die bessere Option. Die Gegenprüfung am Nachmittag haben dieses bestätigt. Ich finde deutlicher kann eine METAR nicht sein - alles richtig gemacht!
Weitere Argumente für einen Wochentag und nicht für einen Sonntag sind die günstigeren Betriebszeiten der Flugplätze Kiruna, Alta, Hammerfest und Lakselv.
So habe ich den heutigen Sonntag nicht nur halb sondern ganz zur Erholung genutzt. Und habe ich bisher Gargnäs nur bei Schmuddelwetter erkunden können, so lachte die Sonne. Osten Dahlström nahm sich die Zeit, mir den Platz sowie die 160 Seelen Ortschaft vorzustellen inkl. der einen und andern schönen Geschichte. Die Zeit verging wie im Fluge und nach einem Kaffee sowie einem rustikalen Käsebrot bei Osten daheim, haben wir uns für morgen früh verabredet.
Nach kurzem Wettercheck am Nachmittag habe ich den Flugplan gefiled, den norwegischen Zoll informiert, eine Exemption für Alta eingeholt (ist kein Zollflughafen!) sowie Kraftstoff per Rocketroute App bestellt. Zuvor gab es auch hier einen telefonischen Rückruf, da AVGAS per NOTAM knapp ist. Bestellung lief durch und am Telefon erfuhr ich, daß noch 250 Liter da sein sollen. Es bleibt zu hoffen, daß bis morgen keiner vor mir alles wegtankt.
Hey, jetzt ist ein einmaliges gutes Wetter, dann soll es doch nicht an so einem Kleinkram scheitern oder? Ich plane in Alta für 2 Übernachtungen zu bleiben, da wird sich schon was finden lassen. Nachdem alles soweit arrangiert war, habe ich den Abend gemütlich bei einem leckeren Abendessen ausklingen lassen.
Überlegungen zum Rückflug
Ein paar Gedanken zum Rückflug. So wie sich die Wettermodelle derzeit darstellen, verfestigen sich der Donnerstag und der Freitag als Rückreisetage. Ab der Mitte Schweden könnte ich sogar wieder mit Rückwind ab FL100 rechnen, sofern die Tops mitspielen und ein VFR Flug ermöglichen. Die Sorgen und Fehler vom letzten Jahr will ich nicht wiederholen.
Wenn alles klappt, gibt’s morgen einen Blog aus Norwegen hinter dem 66. Breitengrad.
In diesem Sinne, Gute Nacht!
Euer Tomas Jakobs
Zum nächsten Teil der Reise...
Polartour 2019 - Teil I
Hej, liebe Grüße aus dem schwedischen Hochland!
Gestern Vormittag lief ich noch um 11 Uhr über das Vorfeld von Münster Telgte. Um kurz nach 20:00 Uhr über den Flugplatzrasen in Gargnäs ca. 1.700 km Luftlinie oder 2.064 km Strassenkilometer entfernt.
Das Wetter gestern meinte es sehr gut mit mir. Tailwind auf der ganzen Strecke. Zeitweise erreichte ich 295 km/h Groundspeed. Von der Terrasse des kleinen Hotels der Familie Wäckerlin aus schreibe ich bei einem Kaffee und einem wirklich leckeren Schweizer Schokopudding meinen heutigen Blog.
Gestern Abend plante ich noch einen Weiterflug heute Mittag. Das morgendliche Ritual des Wetterbriefings nach dem Frühstück zeigte jedoch, daß der morgige Montag die bessere Option ist. Doch bevor ich mehr zum Weiterflug schreibe, ein paar Worte und Bilder vom gestrigen Reisetag. Mehr Bilder sind in de Galerie hier zu finden.
Telgte - Gargnäs in one day
Anders als im Vorjahr habe ich meine Flugpläne dieses mal en bloc morgens früh um kurz vor 8 Uhr gefiled bevor ich nach Münster zum Flugplatz fuhr. Binnen weniger Minuten wurden diese sowohl von der deutschen und der schwedischen Seite bestätigt. Beim letzten Leg wurde mir sogar eine Shortcut quer durch eine nicht aktive Restricted Areas gegeben. Da hat einer mitgedacht! Ich bin es gewohnt, auf jeweils der nationalen AIS Website meine Flugpläne zu filen und sehe keinen besonderen Vorteil, etwas für das Ausland auf der DFS Seite erledigen zu wollen, was eh nur weitergeleitet wird. Dann lieber der direkte Weg, wo auch Rückfragen möglich sind.
Der Flug von Münster nach Barth verlief unspektakulär, etwas kniffelig war in Barth lediglich der starke Südwind Cross zur 09. Der Tipp des Flugleiters etwas weiter versetzt zur Pistenmitte hin aufzusetzen war in Anbetracht der Lee-Verwirbelungen einer Baumgruppe direkt rechts neben der Schwelle berechtigt.
Zur Ostseeüberquerung habe ich mich dieses Jahr für eine etwas längere Wasserstrecke entschieden, um möglichst weit im östlichen Schweden zu bleiben. Gemeldet waren Regen und Gewitter, die aus dem Westen einzogen. Wie letztes Jahr überflog ich bequem die Lufträume im Süden Schwedens auf FL115. Meine bessere Hälfte würde mir vorwerfen, ich sei faul. Ja und Nein - ich würde ja eher aus einer arbeitsökonomischen Sicht argumentieren. An einem so langen Flugtag will ich ein Hin und Her mit häufigen Frequenzwechseln, dem jeweiligen Einholen von Freigaben, dem ständige Abgleich mit den veröffentlichten Öffnungszeiten in den NOTAMS, ob nun eine Kontrollzone und TMA aktiv ist oder nicht, einfach nur vermeiden. Kontrolliert in einem Zug über alles hinweg fliegt es sich deutlich entspannter.
Höhe Stockholm war jedoch Schluß mit Faul… ehm… Bequemlichkeit und ich musste einen Decent requesten um VMC zwischen den hoch auftürmenden Wolken zu halten. Die Cumulus Wolken haben sich links von mir zu Regenwolken aufgebaut und entluden Ihren Ballast. Es ging zuerst runter auf FL95, später dann ganz unter die Base auf FL55. Ein Bereich, wo ich auf Strecke nur ungern bin, ist hier doch das bevorzugte Jagdgebiet von Segelflugzeugen nach Aufwinden.
Aufgrund des guten Windes habe ich mich nach einer Risk-Benefit Abwägung für Mohed (ESUM) als Zielflugplatz für meinen 3. Leg entschieden und dabei bewusst gegen meine selbstgesteckte und bewährte 2h-Regel verstoßen. Mir war ein bekannter Platz mit mir persönlich bekannten Menschen lieber als etwas Neues, Unbekanntes. Ging es doch gen Abend zu und erhoffte ich mir so weniger Stress und einen schnelleren Umlauf. Genauso war’s auch. Mit dem rechten Tank auf Reseve landete ich in Mohed. Das Nachtanken lief wie am Schnürchen, so daß am Ende noch 20 Minuten für einen entspannten Kaffee und Smalltalk blieben bevor mein Folgeflugplan um 1700 UTC begann.
Keine 2 Stunden später, mit dem Rasten der wohl einprägsamsten Standby-Frequenz etwa 166 km und 38 Minuten vor Ankunft kam erstmalig ein Gefühl von Urlaub. Ich bin am Ziel. Landung kurz nach 20:30 Uhr im schönen Gargnäs.
Landung wie üblich: Blindmeldung abgeben (am Funk ist eh keiner), den Platz überfliegen, Windsäcke (2 Stück!) prüfen, Sicht und Sonnenstand abwägen und Landerichtung selbst entscheiden. Möglichst gegen den Wind und/oder mit der Sonne im Rücken.
Goldene Regel in Schweden: Noch vor dem Aussteigen den Flugplan schliessen. Einmal ausgestiegen vergisst man das Schliessen schnell und im menschenleeren Hochland hat ein nicht geschlossener Flugplan eine andere Relevanz wie bei uns im dicht bevölkerten Mitteleuropa.
Und das war auch gut so, denn kaum ausgestiegen, sah ich ein Auto vorfahren. Es war Robert in dessen schönen Bed & Breakfast Hotel ich übernachte. Und obwohl ich ihm nur mitgeteilt habe, daß ich kommen werde, war ich doch angenehm überrascht, daß er mich am Platz abholen kommt. Habe mich schon meine Taschen die ca. 2 km zum Hotel tragen gesehen. Über diesen unangekündigten Shuttle Service war ich sehr erfreut. Ganz großes Lob! Und ganz breites Schmunzeln bei Anblick von Robert's Musik im Seitenfach.
Wie geht’s weiter?
Das war der gestrige Abend. Mit dem Wetterbriefing heute nach dem Frühstück habe ich meine ursprüngliche Planung ad acta gelegt. Sowohl auf dem Weg auf Höhe Kiruna als auch in Alta selbst wurden Gewitter gemeldet (Alle Screenshots im oben angegebenen Bilderordner). Jenseits des Polarkreises, wo im 100 km Radius um meine Destination nur 4 Plätze gibt, sollte diese doch bitte frei von lokalen Gewittern sein.
Der Montag erschien in den Prognosen eindeutig als die bessere Option. Die Gegenprüfung am Nachmittag haben dieses bestätigt. Ich finde deutlicher kann eine METAR nicht sein - alles richtig gemacht!
Weitere Argumente für einen Wochentag und nicht für einen Sonntag sind die günstigeren Betriebszeiten der Flugplätze Kiruna, Alta, Hammerfest und Lakselv.
So habe ich den heutigen Sonntag nicht nur halb sondern ganz zur Erholung genutzt. Und habe ich bisher Gargnäs nur bei Schmuddelwetter erkunden können, so lachte die Sonne. Osten Dahlström nahm sich die Zeit, mir den Platz sowie die 160 Seelen Ortschaft vorzustellen inkl. der einen und andern schönen Geschichte. Die Zeit verging wie im Fluge und nach einem Kaffee sowie einem rustikalen Käsebrot bei Osten daheim, haben wir uns für morgen früh verabredet.
Nach kurzem Wettercheck am Nachmittag habe ich den Flugplan gefiled, den norwegischen Zoll informiert, eine Exemption für Alta eingeholt (ist kein Zollflughafen!) sowie Kraftstoff per Rocketroute App bestellt. Zuvor gab es auch hier einen telefonischen Rückruf, da AVGAS per NOTAM knapp ist. Bestellung lief durch und am Telefon erfuhr ich, daß noch 250 Liter da sein sollen. Es bleibt zu hoffen, daß bis morgen keiner vor mir alles wegtankt.
Hey, jetzt ist ein einmaliges gutes Wetter, dann soll es doch nicht an so einem Kleinkram scheitern oder? Ich plane in Alta für 2 Übernachtungen zu bleiben, da wird sich schon was finden lassen. Nachdem alles soweit arrangiert war, habe ich den Abend gemütlich bei einem leckeren Abendessen ausklingen lassen.
Überlegungen zum Rückflug
Ein paar Gedanken zum Rückflug. So wie sich die Wettermodelle derzeit darstellen, verfestigen sich der Donnerstag und der Freitag als Rückreisetage. Ab der Mitte Schweden könnte ich sogar wieder mit Rückwind ab FL100 rechnen, sofern die Tops mitspielen und ein VFR Flug ermöglichen. Die Sorgen und Fehler vom letzten Jahr will ich nicht wiederholen.
Wenn alles klappt, gibt’s morgen einen Blog aus Norwegen hinter dem 66. Breitengrad.
In diesem Sinne, Gute Nacht!
Euer Tomas Jakobs
Zum nächsten Teil der Reise...