Polartour 2019 - Teil III - Nordkapp
22.07.19 18:00 Reiseberichte
Was bisher geschah:
Polartour 2019 - Teil I
Polartour 2019 - Teil II
Und hier mit Verspätung der versprochene Blog aus Norwegen. Auch wenn erst zuhause zu Ende geschrieben, so habe ich diesen zumindest in einem Hotelzimmer in Alta begonnen. Denn während des Schreibens und dem stetigen Blick auf die Wetterentwicklung, fiel die spontane Entscheidung am nächsten Morgen gleich nach dem Frühstück wieder zurück zu fliegen. Die von Süden einrückende Front hat sich deutlich verlangsamt und öffnet ein Fenster der Gelegenheit, vorzeitig wieder aus Alta heraus zu kommen. Die nächste Möglichkeit wäre erst wieder in 2 Tagen am Donnerstag.
Wie es sich heraus stellte, keine einfache Angelegenheit. Der Wind sollte nicht so gut mitspielen wie am Hinweg. Der direkte Weg nach Gärgnas wäre zu knapp und zu gefährlich für das dünn besiedelte schwedische Hochland. Hier sollte man einen Flug besser nicht ohne hinreichend Reserven und Extra-Margins antreten. Und Kiruna als Zwischenstation fällt aus, da dort kein AVGAS angeboten wird. Wie ich aus einem PIREP erfahren habe, würde sich das wohl nicht rechnen. Meine Destination sollte also ESNX Arvidsjaur werden, etwa 20 Flugminuten näher wie Gargnäs, jedoch etwas off-route weiter östlich. Doch zum Rückweg gibt’s im nächsten Blog mehr. Konzentrieren wir uns auf den Hinflug von Gargnäs nach Alta.
Von Schweden nach Norwegen
Eine Zwischenlandung in Kiruna fiel mangels Sprit aus. Der kräftige Rückenwind macht diese aber auch nicht erforderlich. Und im Zielgebiet herrschte diesmal auch gutes Wetter. In Alta spielen die Berge im Süden eine wichtige Rolle. Auch wenn das TAF von Alta CAVOK meldet kann es sein, daß das Gebirge im Süden eingehüllt in Wolken liegt und einen VFR Flug unmöglich macht. Mein Briefing und handschriftlichen Notizen zu diesem Flug sind im nachfolgenden Bild zu sehen:
Kiruna bleibt also auf FL100 links unten liegen. Spannender und für mich bis zuletzt noch unklar war, wie das Handling über dem kurzen Stück Finnland sein wird. Da der Einflug in Finnland für ULs frei ist ohne Notwendigkeit, eine Permit to Fly zu beantragen, machte ich mir dahingehend keine Sorge. Am Ende wurde ich am Hinweg im kontrollierten Luftraum Charlie unkompliziert von Sweden Center direkt nach Norway Control weitergereicht. Alles andere hätte mich auch gewundert.
Unmittelbar kurz nach Erreichen der norwegischer Seite begann auch mein Decent auf Alta. Während südlich von Alta die Berge mit Ihren tief eingeschnittenen Tälern um die 3000 Fuß hoch sind - die Minimum Elevation Figure liegt östlich bei 2900, weiter westlich bereits bei 4100 Fuß - liegen Stadt und der Flughafen selbst auf Meereshöhe. In Anbetracht dieser Umstände habe ich die VNAV Profile Einstellungen von 1.000 Fuß auf 2.000 Fuß über Platz eingestellt.
Bereits beim Pflichtmeldepunkt Klofta war ich auf 2500 Fuß etwa gleich hoch wie die links und rechts umgebenden Berge. Das sich vor mir ergebende Tal war jedoch breit und flach.
Es ging weiter via Eiby und Ovre Alta was ich in Unkenntnis der norwegischen Sprache als „oberes Alta“ übersetze. Markant ist der hohe Felsen unmittelbar südlich der Anfluggrundlinie auf die 11, der als Halbinsel ins Wasser einreicht. Dicht an diesem entlang habe ich meinen „right base“ und anschliessend den „right turn into final runway 11“ ausgeführt. Mit leichtem Rückenwind setzte ich auf, was jedoch bei der breiten und langen Piste für ein UL keine Herausforderung war.
Nach der Landung hieß es zuerst eine Bleibe zu finden. Das Flugzeug wurde umgehend vollgetankt und das Procedere des Einlasses mit der absolut professionellen und freundlichen Avinor Groundcrew abgestimmt. Mir wurde eine Telefon-Rufnummer gegeben und es gibt einen Seiteneingang, von wo ich aus anrufen und abgeholt bzw. hingefahren werde. Sogar ein Taxi wurde mir bestellt, das bereits außerhalb auf mich wartete.
In Alta galt es zuerst ein Hotel zu beziehen und mich nach der Reise frisch zu machen. Überrascht wurde ich von den hohen Temperaturen. Erwartet habe ich etwas Anfang der 20 Grad - es waren genau 27 Grad. Wärmer als daheim und deutlich zu warm unter der mitgeschleppten HiVis (High Visibility) Bundeswehr Weste, die es auf dem Vorfeld zu tragen galt.
Von daher war es gut, frisch geduscht und erholt im klimatisierten Hotelzimmer auf die Suche nach einem geeigneten Zeitfenster zu gehen. Fun-Fact am Rande: ICON vom DWD konnte mir so weit nördlich nicht mehr weiterhelfen. Ich konnte mich nur noch des europäischen ECMWF Klimamodells bedienen.
Aktuell lag mein Zielgebiet um das Nordkapp herum noch unter Nebel durch einen polaren Ausläufer, der von der Barent-See bis zum Festland reichte. Doch 2-3 Stunden später sollte es wieder frei sein. Und auch vom Westen kam nichts nach, so daß Alta frei bleiben sollte. Umgehend war der Flugplan geplant, gefiled und per SMS bestätigt. Ich konnte mich also in Ruhe Richtung Flugplatz begeben. Natürlich war ich alles andere als ruhig. Voller Aufregung und Vorfreude war ich, endlich dem Ziel so nahe zu sein.
Nordkapp
Der Flug zum Nordkapp war fliegerisch unspektakulär. Die Route ging nördlich aus der Kontrollzone und TMA von Alta entlang der südlichen Grenze der TMA von Hammerfest. Der Reporting Point hieß genauso wie der Fjord, durch den ich geflogen bin: Vargsund.
Was mir den Atem raubte war die eindrucksvolle Fjord-Landschaft. Zugleich aber auch die Lebensfeindlichkeit und auf welcher schmalen Grenze Leben zu sehen war. Mit Ausnahme des wenigen grün an den westwärts ausgerichteten Flanken und schmalen Talläufen der Berge auf Meereshöhe findet man höherliegend nur noch Steine und Felsen. Weiter im Hinterland auf den ca. 3000 Fuß hohen Plateaus sieht die grau-braune Landschaft aus wie eine Marslandschaft. Ein Wort zu der hervorragenden Garmin Avionik. In genau dieser zerklüfteten Gegend macht die Falschfarbendarstellung des höherliegenden Terrains Sinn. Wie bei meiner Alpeneinweisung vor einigen Jahren an einem anderen EFIS kann man bereits in die Täler "um die Ecke" schauen, ohne in diese einfliegen zu müssen.
Während des ganzen Fluges stand ich im Kontakt mit Alta Tower, später mit Norway Control. Selbst im unkontrollierten Luftraum um das Nordkapp herum. Die Gegend ist alles andere als ideal für eine Außenlandung und ich bin froh, daß ich für den Fall der Fälle im UL ein Gesamtrettungssystem mit Fallschirm habe. Defintiv die erste und beste Option im Falle eines Motorausfalles.
Obwohl der Wind nominal nur mit 15-18 Knoten aus Nord-West kam, war der Ritt „bumpy“. Entlang der hohen Berge und tiefen Täler bildeten sich zahlreiche Rotoren und Verwirbelungen, die nicht ohne waren. Ich verblieb daher lieber ober- und außerhalb der Fjorde auf Höhe der umliegenden Berge zwischen 2.500 und 3.000 Fuß und zog es vor, nicht in die Täler einzufliegen. Der Einflug sollte auch aus einem anderen Grund nicht erfolgen. Hochspannungsleitungen oder Seile quer durch die Täler.
Das Selfie am Nordkapp musste sein. Das habe ich mir verdient ;-)
Eine Überraschung brachte der heutige Tag doch noch. Die WT9 war bereits für die „Übernachtung“ (verwirrender Begriff am 24H hellen Polarkreis) vorbereitet und ich ging schon in Richtung Ausgang, als ich das typische Geräusch eines Rotax-Motors vernahm. Hier oben ein Rotax? Und was kam da um die Ecke in Richtung Tankstelle getuckert… eine C42A… alles habe ich ja erwartet aber das nicht. Dieses Muster ist einfach unkaputtbar und überall anzutreffen. Klar, daß ich auf der Stelle umgedreht bin und erstmal „Hej“ sagen musste ;-)
Bis zum nächsten Blog in den kommenden Tagen,
Euer Tomas Jakobs
Zum nächsten Teil der Reise...
Polartour 2019 - Teil I
Polartour 2019 - Teil II
Und hier mit Verspätung der versprochene Blog aus Norwegen. Auch wenn erst zuhause zu Ende geschrieben, so habe ich diesen zumindest in einem Hotelzimmer in Alta begonnen. Denn während des Schreibens und dem stetigen Blick auf die Wetterentwicklung, fiel die spontane Entscheidung am nächsten Morgen gleich nach dem Frühstück wieder zurück zu fliegen. Die von Süden einrückende Front hat sich deutlich verlangsamt und öffnet ein Fenster der Gelegenheit, vorzeitig wieder aus Alta heraus zu kommen. Die nächste Möglichkeit wäre erst wieder in 2 Tagen am Donnerstag.
Wie es sich heraus stellte, keine einfache Angelegenheit. Der Wind sollte nicht so gut mitspielen wie am Hinweg. Der direkte Weg nach Gärgnas wäre zu knapp und zu gefährlich für das dünn besiedelte schwedische Hochland. Hier sollte man einen Flug besser nicht ohne hinreichend Reserven und Extra-Margins antreten. Und Kiruna als Zwischenstation fällt aus, da dort kein AVGAS angeboten wird. Wie ich aus einem PIREP erfahren habe, würde sich das wohl nicht rechnen. Meine Destination sollte also ESNX Arvidsjaur werden, etwa 20 Flugminuten näher wie Gargnäs, jedoch etwas off-route weiter östlich. Doch zum Rückweg gibt’s im nächsten Blog mehr. Konzentrieren wir uns auf den Hinflug von Gargnäs nach Alta.
Von Schweden nach Norwegen
Eine Zwischenlandung in Kiruna fiel mangels Sprit aus. Der kräftige Rückenwind macht diese aber auch nicht erforderlich. Und im Zielgebiet herrschte diesmal auch gutes Wetter. In Alta spielen die Berge im Süden eine wichtige Rolle. Auch wenn das TAF von Alta CAVOK meldet kann es sein, daß das Gebirge im Süden eingehüllt in Wolken liegt und einen VFR Flug unmöglich macht. Mein Briefing und handschriftlichen Notizen zu diesem Flug sind im nachfolgenden Bild zu sehen:
Kiruna bleibt also auf FL100 links unten liegen. Spannender und für mich bis zuletzt noch unklar war, wie das Handling über dem kurzen Stück Finnland sein wird. Da der Einflug in Finnland für ULs frei ist ohne Notwendigkeit, eine Permit to Fly zu beantragen, machte ich mir dahingehend keine Sorge. Am Ende wurde ich am Hinweg im kontrollierten Luftraum Charlie unkompliziert von Sweden Center direkt nach Norway Control weitergereicht. Alles andere hätte mich auch gewundert.
Unmittelbar kurz nach Erreichen der norwegischer Seite begann auch mein Decent auf Alta. Während südlich von Alta die Berge mit Ihren tief eingeschnittenen Tälern um die 3000 Fuß hoch sind - die Minimum Elevation Figure liegt östlich bei 2900, weiter westlich bereits bei 4100 Fuß - liegen Stadt und der Flughafen selbst auf Meereshöhe. In Anbetracht dieser Umstände habe ich die VNAV Profile Einstellungen von 1.000 Fuß auf 2.000 Fuß über Platz eingestellt.
Bereits beim Pflichtmeldepunkt Klofta war ich auf 2500 Fuß etwa gleich hoch wie die links und rechts umgebenden Berge. Das sich vor mir ergebende Tal war jedoch breit und flach.
Es ging weiter via Eiby und Ovre Alta was ich in Unkenntnis der norwegischen Sprache als „oberes Alta“ übersetze. Markant ist der hohe Felsen unmittelbar südlich der Anfluggrundlinie auf die 11, der als Halbinsel ins Wasser einreicht. Dicht an diesem entlang habe ich meinen „right base“ und anschliessend den „right turn into final runway 11“ ausgeführt. Mit leichtem Rückenwind setzte ich auf, was jedoch bei der breiten und langen Piste für ein UL keine Herausforderung war.
Nach der Landung hieß es zuerst eine Bleibe zu finden. Das Flugzeug wurde umgehend vollgetankt und das Procedere des Einlasses mit der absolut professionellen und freundlichen Avinor Groundcrew abgestimmt. Mir wurde eine Telefon-Rufnummer gegeben und es gibt einen Seiteneingang, von wo ich aus anrufen und abgeholt bzw. hingefahren werde. Sogar ein Taxi wurde mir bestellt, das bereits außerhalb auf mich wartete.
In Alta galt es zuerst ein Hotel zu beziehen und mich nach der Reise frisch zu machen. Überrascht wurde ich von den hohen Temperaturen. Erwartet habe ich etwas Anfang der 20 Grad - es waren genau 27 Grad. Wärmer als daheim und deutlich zu warm unter der mitgeschleppten HiVis (High Visibility) Bundeswehr Weste, die es auf dem Vorfeld zu tragen galt.
Von daher war es gut, frisch geduscht und erholt im klimatisierten Hotelzimmer auf die Suche nach einem geeigneten Zeitfenster zu gehen. Fun-Fact am Rande: ICON vom DWD konnte mir so weit nördlich nicht mehr weiterhelfen. Ich konnte mich nur noch des europäischen ECMWF Klimamodells bedienen.
Aktuell lag mein Zielgebiet um das Nordkapp herum noch unter Nebel durch einen polaren Ausläufer, der von der Barent-See bis zum Festland reichte. Doch 2-3 Stunden später sollte es wieder frei sein. Und auch vom Westen kam nichts nach, so daß Alta frei bleiben sollte. Umgehend war der Flugplan geplant, gefiled und per SMS bestätigt. Ich konnte mich also in Ruhe Richtung Flugplatz begeben. Natürlich war ich alles andere als ruhig. Voller Aufregung und Vorfreude war ich, endlich dem Ziel so nahe zu sein.
Nordkapp
Der Flug zum Nordkapp war fliegerisch unspektakulär. Die Route ging nördlich aus der Kontrollzone und TMA von Alta entlang der südlichen Grenze der TMA von Hammerfest. Der Reporting Point hieß genauso wie der Fjord, durch den ich geflogen bin: Vargsund.
Was mir den Atem raubte war die eindrucksvolle Fjord-Landschaft. Zugleich aber auch die Lebensfeindlichkeit und auf welcher schmalen Grenze Leben zu sehen war. Mit Ausnahme des wenigen grün an den westwärts ausgerichteten Flanken und schmalen Talläufen der Berge auf Meereshöhe findet man höherliegend nur noch Steine und Felsen. Weiter im Hinterland auf den ca. 3000 Fuß hohen Plateaus sieht die grau-braune Landschaft aus wie eine Marslandschaft. Ein Wort zu der hervorragenden Garmin Avionik. In genau dieser zerklüfteten Gegend macht die Falschfarbendarstellung des höherliegenden Terrains Sinn. Wie bei meiner Alpeneinweisung vor einigen Jahren an einem anderen EFIS kann man bereits in die Täler "um die Ecke" schauen, ohne in diese einfliegen zu müssen.
Während des ganzen Fluges stand ich im Kontakt mit Alta Tower, später mit Norway Control. Selbst im unkontrollierten Luftraum um das Nordkapp herum. Die Gegend ist alles andere als ideal für eine Außenlandung und ich bin froh, daß ich für den Fall der Fälle im UL ein Gesamtrettungssystem mit Fallschirm habe. Defintiv die erste und beste Option im Falle eines Motorausfalles.
Obwohl der Wind nominal nur mit 15-18 Knoten aus Nord-West kam, war der Ritt „bumpy“. Entlang der hohen Berge und tiefen Täler bildeten sich zahlreiche Rotoren und Verwirbelungen, die nicht ohne waren. Ich verblieb daher lieber ober- und außerhalb der Fjorde auf Höhe der umliegenden Berge zwischen 2.500 und 3.000 Fuß und zog es vor, nicht in die Täler einzufliegen. Der Einflug sollte auch aus einem anderen Grund nicht erfolgen. Hochspannungsleitungen oder Seile quer durch die Täler.
Das Selfie am Nordkapp musste sein. Das habe ich mir verdient ;-)
Eine Überraschung brachte der heutige Tag doch noch. Die WT9 war bereits für die „Übernachtung“ (verwirrender Begriff am 24H hellen Polarkreis) vorbereitet und ich ging schon in Richtung Ausgang, als ich das typische Geräusch eines Rotax-Motors vernahm. Hier oben ein Rotax? Und was kam da um die Ecke in Richtung Tankstelle getuckert… eine C42A… alles habe ich ja erwartet aber das nicht. Dieses Muster ist einfach unkaputtbar und überall anzutreffen. Klar, daß ich auf der Stelle umgedreht bin und erstmal „Hej“ sagen musste ;-)
Bis zum nächsten Blog in den kommenden Tagen,
Euer Tomas Jakobs
Zum nächsten Teil der Reise...