Learn To Fly Here!UL-Fluglehrer

Alpeneinweisung

Bis dato führten mich meine Flüge immer nur bis zu den Alpen oder an diesen vorbei. Nie aber hinein und zwischen dem wolkenbehangenen Bergen hindurch. Denn so reizvoll diese Vorstellung für einen „Flachlandflieger“ wie mich bisher war, so respekteinflössend und der Gefahr bewusst war mir dieses Unterfangen. Wer nach dem Prinzip "Try-and-Error" ohne Einweisung im Hochgebirge fliegt, der spielt ein letales Spiel.

Von daher stand eine Alpeneinweisung schon seit Jahren ganz oben auf meiner „Next-To-Fly“ Wunschliste. Als vor wenigen Wochen Christian Böhm mich auf seinen Artikel im Aerokurier aufmerksam gemacht hat und wir uns ohnehin über unseren zufällig zur gleichen Zeit durchgeführten Nordseeflug unterhalten haben, fiel der Entschluss dieses Vorhaben endlich in die Tat umzusetzen.

Von dieser Fortbildung in eigener Sache möchte ich gerne in meinem heutigen Blogeintrag berichten:


Theorie


Die Alpeneinweisung erfolgt in zwei Schritten: Zuerst die theoretische Wissensvermittlung. Schnell wird klar, dass Alpenfliegen sehr viel mit fliegerischer Disziplin, Vorbereitung und Fehlervermeidung zu tun hat. Begriffe wie Dichtehöhe, GAFOR-Routen und Bezugshöhen werden genauso behandelt wie die alpinen Besonderheiten in Meteorologie, Navigation und dem Verhalten in Gefahrensituationen. Zahlreiche Beispiele in Wort, Bild und Video runden den Theorieblock ab. Man merkt sofort: Hier spricht nicht nur ein Airline-Berufspilot mit Hintergrundwissen und einer gänzlich anderen fliegerischen Ausbildung, sondern zugleich auch ein begeisterter UL Flieger.


Praxis


Im zweiten Schritt dann der Praxisflug: Von EDFL Giessen-Lützellinden sollte es an der Zugspitze vorbei zuerst ins Inntal gehen, über den Alpenhauptkamm auf die Südseite bis hinein in die Dolomiten und anschließend wieder zurück mit Landung auf Österreichs höchst gelegenen Flugplatz Mauterndorf. Nächste Destination war Zell am See und über München wieder zurück nach Lützellinden.

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Wir haben unsere Startzeit relativ spät gewählt, da das Wetter um diese Jahreszeit die Berge meist erst nachmittags freigibt. Eine gute Wahl, denn von anderen Piloten haben wir später erfahren, dass diese ausweichen mussten. Ein effektives Zeit- und Sprintmanagement mit Berücksichtigung des Wetters ist hier entscheidend.

Der Plan in Zahlen: 1.400 km, 7 Stunden Flugzeit, 3 Länder, 2 Landungen, an einem Tag.
Das volle Programm!

Ich muß dabei aber betonen, dass die Pipistrel Virus SW von Chris auch genau der richtige Flieger für solche Strecken ist. Neben dem in Österreich vorgeschriebenen ELT verfügt dieser über eine gehobene Avionik Ausstattung mit EFIS, Terraindarstellung, Sythetic Vision, und sogar VOR mit ILS. Klar dass damit auf dem eher langweiligen Flug über Deutschland das Intercepten und Fliegen nach Radialen geübt wurde bis hinter Kempten-Durach die ersten Ausläufer der Alpen in Sicht kamen.

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Es ging vorbei am Schloß Neuschwanstein und der wolkenverhangenen Zugspitze ins breite Inntal. Von dort dann den GAFOR Routen folgend mit immer engeren Tälern und ansteigenden Bezugshöhen. Es versteht sich von selbst, dass keine Experimente mit irgendwelchen Off-Routen zu machen sind. Trotz unseres späten Starts haben wir auf unserer Route noch marginale Wetterbedingungen vorgefunden, was aber durchaus als Übungszweck willkommen war. Das Gefühl im Tal dicht am Berg und unter einer geschlossenen Wolkendecke zu fliegen ist eine fast schon klaustrophobische Erfahrung, die man einfach erlebt haben muss.

Selbstverständlich wurden auch enge Canyon Turns geübt doch verbunden mit der klaren Ansage, dieses Manöver durch eine solide Planung und vorausschauendes Fliegen möglichst zu meiden. Denn wesentliches Markmal von Alpenflügen liegt in der Vorbereitung und weniger im Kick von Turns in engen Bergtälern. Jede zusätzliche Stressbelastung und jedes erhöhte Unfallrisiko gilt es zu meiden.

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Grundsätzlich empfand ich die im Gespräch fast schon beiläufig eingestreuten Tips zur Minimierung der Arbeitsbelastung enorm wichtig. Eine weitere Erfahrung: Der Wert von festen Abläufen und Checklisten. Was beim lokalen Flug um die Kirchturmspitze im Flachland als übertrieben und machmal - Hand auf’s Herz - auch lax gehandhabt wird, das erweist sich im Hochgebirge als tödliche Gefahr. Einmal Vergessen den Flieger auszutrimmen oder die Klappen bei Start oder Landung falsch gesetzt und der Flug endet unweigerlich am nächsten Hang.

Der Vorteil, im UL dank der Übermotorisierung im Flachland noch so manchen Fehler ausgleichen zu können, geht im Hochgebirge verloren. Die geringere Flugplatzdichte in Österreich und die ständige Gefahr im nächsten Tal ein gänzlich anderes Wetter anzutreffen, trägt zur erhöhten Vorsicht bei.

3Zinnen

Es gäbe noch viel mehr an Eindrücken und Erfahrungen zu berichten und mehr an Bild- und Filmmaterial zu zeigen. Chris hat ebenfalls auf seiner Facebook Seite ein Album mit über 70 Bildern als Reisebericht hochgestellt. Ich kann jedem diese Art an UL Fortbildung wirklich weiterempfehlen.

Es war mir eine Freude und definitiv ein fliegerisches Highlight in diesem Jahr.

Euer Tomas Jakobs