Learn To Fly Here!UL-Fluglehrer

Lessons to learn I - Nebel verschwindet, Erfahrung bleibt

Eine stabiles Hoch drückt alles weg, was einem das Fliegerdasein wettermäßig schwer machen könnte. Der angesetzte Schulungsflug findet erst in zwei Stunden statt. Eigentlich genügend Zeit für einen Kaffee und ein wenig Small-Talk, wenn da nicht eine Maschine im Hangar mich ständig anzwinkern würde. So verlockend im ersten Sonnenlicht blinzelnd. Und ich meine auch ein leises Hauchen vernommen zu haben: „Komm, flieg’ mich“. Kann man einer solchen Versuchung widerstehen? Vollkommen unmöglich und im Kopf beginnen die ersten Argumente Form anzunehmen, wie praktisch es doch sei in und mit einer warmgelaufenen Maschine den Tag zu beginnen.

So geschehen vor einigen Jahren in Giessen-Lützellinden als ich noch Fluglehrer-Assistent unter Aufsicht meines Fluglehrers Frank Scheiter war. Eine Phase, wo man theoretisch zwar vieles weiß, aber die praktische Erfahrung und vor allem die Rückkopplung zwischen Theorie und Praxis mitunter noch Lücken aufweist. Nicht ohne Grund geben die Ausbildungshandbücher der UL-Verbände für diese kritische Assistenzzeit vor, daß jeder Ausbildungsschritt von einem erfahrenen Fluglehrer zu begleiten ist. Dieser Tag sollte für mich zu einem lehrreichen Tag werden.

Also ein lokaler Flug zum Warmwerden und Bestaunen der Herbstlandschaft sollte es werden. Den Platz immer in Sichtweite denn länger als eine halbe Stunde wollte ich nicht unterwegs sein. Die Route ein Standard und nach etlichen Passagier-Gutschein-Rundflügen der letzten Jahre bestens bekannt. Nach Start auf der 07 quer ab über den Dutenhofener See zum Dünsberg, anschliessend Richtung Westen nach Asslar und über dem Wetzlarer Stadtgebiet wieder zurück in den langen Endanflug auf die 07 in Lützellinden.

Über dem Dutenhofener See und im Lahntal stand noch der Nebel. Typisch für den Herbst und höchst beeindruckend, wie aus diesem Anhöhen wie die Burg Gleiberg oder einige Hochhäuser und Masten im Gießener Stadtgebiet hervorschauen.

nebel1

Der Nebel ist in Auflösung und die ersten losen Fetzen geben den Blick auf den Boden frei, so dachte ich. Denn am Dünsberg angekommen stellte ich mit Blick zurück fest, wie der Nebel begann die Anhöhe zum Flugplatz förmlich hoch zu klettern. Was mich jedoch am meisten verwunderte war die Geschwindigkeit.

Obwohl Dünsberg und Flugplatz nur wenige Flugminuten voneinander trennen und meine Entscheidung zur Umkehr rasch getroffen war, konnte ich mit Eindrehen in den Queranflug zur 07 erkennen, wie die ersten Nebelausläufer die Piste erreicht haben. Die nachfolgende Bildserie spricht für sich:

nebelbank


Da dies mein Heimatplatz war und die Sicht bis zur Schwelle frei blieb, habe ich mich entschlossen den Anflug fortzusetzen. Trotzdem dient mir diese grenzwertige Situation seitdem als Negativ-Beispiel, wie es genau nicht gemacht werden sollte.

Theoretisch weiß jeder Flugschüler oder Pilot wie Strahlungsnebel und Advektionsnebel entstehen und welche Gefahr in Tallagen oder an der Küste drohen. Doch die Erfahrung, wie schnell einem plötzlich die Rückkehr zum vermeintlich in sicherer Höhe liegenden Flugplatz genommen werden kann, ist etwas völlig anderes.

Eine bessere und sicherere Alternative wäre die Landung am nächsten, höhergelegenen Flugplatz. Bei unserer Flugplatzdichte in Deutschland auch bei wenig Sprit eigentlich kein Problem. Wenn es hart auf hart kommt, bleibt einem immer noch eine Sicherheitslandung auf einer freien Wiese.

Nach einer halben Stunde gab der Nebel die Piste wieder frei und ist verschwunden. Geblieben ist die Erfahrung.


In diesem Sinne, fliegt bitte safe!
Euer Tomas Jakobs